Im falschen Film

Im falschen Film

Polizeipräsident entschuldigt sich für Einsatz beim Besuch des chinesischen Präsidenten

13. 4. 2016 - Text: Katharina WiegmannText: kw/čtk; Foto: Philipp Schöner

Ob der Dalai Lama die Ereignisse rund um den Besuch des chinesischen Staatsoberhaupts Xi Jinping in Prag wohl in den Medien verfolgt hat? Über die zahlreichen Solidaritäts­bekundungen für Tibet hätte er sich bestimmt gefreut. Flaggen des von China beanspruchten Hochlands in Zentralasien waren in der Stadt allgegenwärtig – bei Demonstrationen gegen den Besuch von Xi Jinping, in Schaufenstern von Konditoreien und auch an der Fassade der Prager Filmakademie FAMU. An der Solidaritätsbekundung der Studenten entzündete sich ein Streit um einen Polizeieinsatz, für den sich Innenminister Milan Chovanec (ČSSD) nun rechtfertigen muss.

Zwei Kriminalbeamte betraten am 30. März, als der chinesische Präsident in der Stadt zu Gast war, das Gebäude der Filmhochschule am Smetana-Ufer und erklärten ihre Anwesenheit mit Beschwerden, die wegen der tibetischen Flaggen bei ihnen eingegangen seien. Der Senat der Filmakademie verurteilte die Einmischung in einer öffentlichen Erklärung daraufhin als „beispiellosen Eingriff in die Meinungsfreiheit“ und forderte eine Untersuchung des Vorfalls.

Am Montag hat sich Polizeipräsident Tomáš Tuhý mit einem Brief an die FAMU gewandt, in dem er sich für den Besuch der Beamten entschuldigt. Das Auftreten der Polizisten sei „überflüssig“, „übereifrig“ und „unangebracht“ gewesen. Es habe aber nicht gegen das Gesetz verstoßen. Tuhý betonte, es habe keine Anordnungen gegeben, die Flaggen vom Gebäude zu entfernen oder die Meinungsfreiheit auf andere Weise zu beschränken. In einem Leitfaden für Polizisten sei unter anderem ausdrücklich auf das Recht auf freie Meinungsäußerung hingewiesen worden, ebenso darauf, dass das Aushängen von Flaggen nicht rechtswidrig sei. Das Gesetz sei weder auf Seiten der Unterstützer noch auf Seiten der Gegner der chinesischen Positionen.

Auch Innenminister Chovanec bestritt bei einer Fernseh­debatte, dass die Polizei Partei für die chinesische Seite ergriffen habe. Entsprechende Vorwürfe äußerte unter anderem der Vorsitzende der Oppositionspartei TOP 09 Miroslav Kalousek. Es habe einige Vorfälle gegeben, bei denen tschechische Bürger grundlos schikaniert und in der Ausübung ihrer Rechte, inklusive der Versammlungsfreiheit, beschränkt worden seien. „Die Eingriffe erwecken den Eindruck, als sei die Polizei auf Grundlage politischer Anordnungen vorgegangen. Das Vorgehen lässt sich nicht mit Übereifer begründen, wie es das Innenministerium versucht.“

Kalousek gehörte zu einer Gruppe von Demonstranten, die während des Empfangs von Xi Jinping auf der Prager Burg mit Tibet-Flaggen auf dem Vorplatz demonstrieren wollten, von der Polizei aber am Zutritt gehindert wurden. Chovanec wies Kalouseks Vorwürfe entschieden zurück und kündigte seinen Rücktritt an, sollte sich herausstellen, dass es Anweisungen der Polizei zugunsten der prochinesischen Seite gegeben habe. „Wenn es solche In­struktionen für mehrere Hundert Polizisten gegeben hätte, wäre das innerhalb von zehn Minuten über Facebook und Twitter an die Öffentlichkeit gelangt, und das ist auch gut so“, konstatierte Chovanec.