Selbstverliebt

Selbstverliebt

Die Tschechen mögen sich selbst am meisten

27. 4. 2016 - Text: Corinna AntonText: Corinna Anton; Foto: APZ

Es muss sehr spät gewesen sein, als das göttliche Gebot der Nächstenliebe verkündet wurde. Ein Großteil der Tschechen jedenfalls saß wohl in der Kneipe, beim dritten oder vierten, vielleicht auch beim fünften Bier. Und hat sich gemerkt, was der Herr befahl: „Liebe (…) dich selbst!“ So hat man es deutlich vernommen. Dazwischen gab es Störgeräusche, die bestimmt nicht wichtig waren. Haupt­sache, die Kernbotschaft ist angekommen. Und das ist sie. Davon zeugt eine Umfrage, die das Meinungsforschungsinstitut CVVM in der vergangenen Woche veröffentlicht hat.

Die Wissenschaftler wollten von den Bürgern wissen, welche Nationen ihnen sympathisch seien. Die Antwort fiel eindeutig aus: 85 Prozent der Tschechen sagten, dass die Tschechen sympathisch seien. Damit landen sie auf dem ersten Platz der Beliebtheitsskala.

Insgesamt wurden mehr als 1.000 Tschechen gebeten, 17 Nationen mit Schulnoten von eins bis fünf zu bewerten. Am schlechtesten schnitten Roma ab, die 82 Prozent als unsympathisch bezeichneten. Auf dem vorletzten Platz landeten Araber (so hieß die Kategorie, man hat sich nicht die Mühe gemacht, genauer zu unterscheiden). Fast so gern wie sich selbst haben die Tschechen dagegen die Slowaken. Mit deutlichem Abstand folgen Polen (44 Prozent) und Deutsche (34 Prozent). Mittlere Werte erreichten Griechen, Juden (ebenfalls als „nationale Gruppe“ abgefragt), Ungarn und Vietnamesen. Wie es um die Österreicher steht, weiß man nicht. Was die Tschechen von ihnen denken, wurde nicht erhoben.

Noch wichtiger sind allerdings ganz andere Fragen: Wer um alles in der Welt braucht solche Umfragen? Hätte man nicht auch so voraussagen können, dass Tschechen und Slowaken vorne, Roma und Araber hinten landen? Warum unternimmt man nicht, statt diese Weltsicht als Mehrheitsmeinung zu zementieren, etwas gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Vorurteile?