Im Löschen unschlagbar
Lukáš Novák ist der härteste Feuerwehrmann der Welt. Seit Jahren gewinnt er fast jeden Titel. Wie macht er das?
11. 5. 2016 - Text: Corinna AntonText: Corinna Anton; Foto: požary.cz
Von Lukáš Novák möchte man gern gerettet werden, wenn es wirklich mal brennt. Aber das liegt nicht nur an seinem breiten Kreuz und den beeindruckenden Oberarmen. Sondern auch an dem meterhohen Pokal, den er mal eben locker vom Schrank hebt. Darauf steht es offiziell geschrieben: Novák ist der „Toughest Firefighter Alive“ – der härteste Feuerwehrmann der Welt. Seit 2007 tritt er in diesem Wettbewerb an. Und fast immer hat er ihn gewonnen.
„Ich habe meinen Sport gefunden“, sagt der 33-Jährige. Mit Leiter und Helm hantiert er aber nicht nur in seiner Freizeit und wenn es um einen Pokal geht. Novák ist Berufsfeuerwehrmann auf der Prager Burg. Wenn er nicht gerade dienstlich Schläuche aufrollt, trainiert er privat. Sechsmal die Woche, an manchen Tagen auch zweimal, sowohl Kraft als auch Ausdauer.
Beides muss man haben, wenn man gegen Kollegen aus aller Welt gewinnen will. Um den „Toughest Firefighter Alive“ (TFA) zu ermitteln, messen sich die Feuerwehrmänner (und in einem eigenen Wettbewerb auch die Feuerwehrfrauen) in vier Disziplinen. Zuerst müssen die Teilnehmer insgesamt 80 Meter Schlauch ausziehen und wieder aufrollen, zu einer Box tragen und dort korrekt hineinlegen. In der zweiten Runde laufen sie unter anderem mit einem 20 Kilo schweren Kanister durch einen Tunnel, um anschließend eine 80 Kilo schwere Puppe von einem Podest zu heben und über eine Strecke von 80 Metern zu tragen oder zu ziehen. Danach müssen sie noch eine drei Meter hohe Wand überwinden. In der dritten Disziplin befördern die Feuerwehrleute zwei 15 Kilo schwere Kanister ins zweite Obergeschoss, ziehen dort zwei Schläuche nach oben und bringen die Kanister wieder nach unten. Dort schrauben sie noch das Mundstück eines Strahlrohres oder Wasserwerfers auf. Die vierte Runde ist ein Etagenlauf. Die Sportler müssen 15 Stockwerke mit der etwa 17 Kilo schweren Ausrüstung bewältigen. Die Besten schaffen das in weniger als zwei Minuten.
Dass Novák zur Weltklasse gehört (seit 2008 holte er den TFA-Wanderpokal jedes Jahr nach Tschechien, nur 2013 musste er ihn Joachim Posanz aus Göttingen überlassen), ist gewiss kein Zufall. Denn Novák kommt aus Ústí nad Orlicí, der Hochburg des hiesigen Feuerwehrsports. Bereits neun Mal wurde dort der härteste Brandbekämpfer Tschechiens ermittelt. Immer gewann Novák, zuletzt Ende April gegen mehr als 70 Kollegen aus dem ganzen Land. „Tschechien hat die besten Feuerwehrmänner der Welt“, glaubt Novák. Die schärfsten Konkurrenten kommen bei internationalen Wettbewerben aus Deutschland, Brasilien und Polen. Die Amerikaner dagegen seien nicht so stark, sagt der Titelverteidiger, und das obwohl der Sport in den neunziger Jahren in den USA erfunden wurde.
Novák hat die Disziplin 2004 zum ersten Mal ausprobiert. Damals studierte er noch, drei Jahre später wurde er Berufsfeuerwehrmann – und erfüllte sich damit einen Traum, den er wohl mit vielen Kindern teilt. „Die Maschinen haben mich schon als kleiner Junge fasziniert, deswegen bin ich mit 15 der Freiwilligen Feuerwehr beigetreten.“ Die sei in Dörfern und kleinen Städten eine kulturelle und gesellschaftliche Institution – ähnlich wie die Kirche und die Kneipe. Rund 250.000 Mitglieder zählen die Freiwilligen Feuerwehren im ganzen Land, sagt Novák, die Berufsfeuerwehren etwa 10.000. Wenn der Härteste unter ihnen beim Wettbewerb in seiner Heimatstadt antritt, warten seine Fans schon auf seinen Auftritt. Es gebe einige, die nur wegen ihm zum Wettbewerb kämen, erzählt er.
Die Bewunderung der Fangemeinde ist allerdings nicht der Grund, weshalb der Wahlprager so viel trainiert. Er wirkt nicht wie einer der Typen, die im Fitnessstudio mit ihren großen Muskeln angeben. Seine Motivation, erklärt er, sei immer der nächste Wettbewerb. Den wolle er gewinnen. Und natürlich helfe das Training auch bei der Arbeit. Denn Kraft und Ausdauer braucht ein Feuerwehrmann auch im Einsatz, wenn er Schläuche nicht nur zum Spaß auf- und abrollt.
Aber wie wird man nun zum härtesten Feuerwehrmann der Welt – abgesehen vom fast täglichen Training? An der tschechischen Küche zumindest könne es nicht liegen, meint der Weltmeister. Die sei für Sportler eher ungeeignet. Er glaubt aber auf jeden Fall, dass er den Wanderpokal noch eine Weile behalten darf. Die Konkurrenten haben wohl auch diesmal kaum Chancen, ihn zu schlagen. „Vielleicht liegt es ja an der kalten Dusche“, sagt er trocken. Weiter nichts. Und was macht der härteste Feuerwehrmann der Welt, wenn es wirklich mal brennt? Angst habe er nicht, sagt Novák. „Aber in manchen Situationen Respekt.“
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