Einzelhandel trotzt der Krise
Online-Handel nimmt zu. Immer mehr Supermärkte eröffnen E-Shops
14. 3. 2013 - Text: Friedrich GoedekingText: Gerit Schulze; Foto: kozumel
Die Einkommen sinken, der Konsum ist gebremst, doch der Einzelhandel behauptet sich. 2012 sind die Umsätze nur leicht um 0,5 Prozent gesunken. Während es bei Lebensmitteln einen stärkeren Rückgang von 2,5 Prozent gab, hat das Statistikamt für Non-Food-Produkte einen leichten Zuwachs verzeichnet. Drastisch war laut dem Konsumforschungsinstitut GfK der Einbruch bei Unterhaltungselektronik. Um 21 Prozent auf 11,8 Milliarden Kronen (etwa 470 Millionen Euro) sind die Ausgaben 2012 gesunken. Auch bei IT-Geräten und Bürotechnik waren die Verkaufsrückgänge mit rund 16 Prozent enorm.
Für das laufende Jahr erwarten Marktkenner keinen weiteren Rückgang des Einzelhandelsvolumens. Zwar wurde die Mehrwertsteuer erneut um ein en Prozentpunkt erhöht und die Reallöhne sinken, doch aufgrund der hohen Sparquote haben die Tschechen potenziell Geld für Konsum zur Verfügung. Laut einer Untersuchung der ING Bank legen 77 Prozent der Tschechen Geld auf die hohe Kante. Das sind deutlich mehr als im europäischen Durchschnitt, der bei 68 Prozent liegt. Ab der zweiten Jahreshälfte rechnen Regierung und Ökonomen mit einer Belebung der Konjunktur.
Welches Handelsformat als Gewinner aus der aktuellen Krise im Einzelhandel hervorgeht, ist derweil unklar. Laut einer Untersuchung von Nielsen haben die Hypermärkte 2012 an Umsatzvolumen verloren. Dagegen konnten Discounter davon profitieren, dass die Verbraucher weniger Einkommen zur Verfügung hatten und verstärkt nach Sparangeboten Ausschau hielten. Zu anderen Ergebnissen kommt der Incoma Shopping Monitor 2013. Demnach ist für knapp die Hälfte der Haushalte ein Hypermarkt der bevorzugte Einkaufsort für Lebensmittel. Discounter haben an Popularität verloren und kommen auf einen Anteil von 18 Prozent. Experten erklären dies mit dem wachsenden Interesse an Qualitätsprodukten. Das schmalere Haushaltsbudget wird eher für Markenware verwendet.
Das Konsumverhalten der Tschechen ändere sich derzeit grundlegend, sagen Marktkenner. Die Loyalität der Verbraucher gegenüber den Handelsketten sinkt, der Trend geht zu höher spezialisierten Anbietern. Gute Entwicklungsmöglichkeiten sehen Experten für kleine Lebensmittelgeschäfte zur Nahversorgung. Die zu Tesco gehörende Franchise-Kette Žabka zum Beispiel will weitere Filialen eröffnen. Als Standorte für die etwa 70 Quadratmeter großen Tante-Emma-Läden kommen unter anderem Krankenhäuser in Frage. Außerdem plant Tesco, mehr mittelgroße Geschäfte zu eröffnen.
In Tschechiens Online-Handel hält der Boom an. Die Umsätze mit Verkäufen von Waren über das Internet sind 2012 um 16 Prozent gestiegen. Ein Drittel der Verkäufe entfallen auf Computer und Mobiltelefone. Für 2013 erwartet der E-Commerce-Verband APEK, dass die Grenze von 50 Milliarden Kronen (2 Milliarden Euro) durchbrochen wird. Angesichts von 20.000 Internet-Händlern im Land sieht der Verband aber eine gewisse Sättigungsgrenze bei der Zahl der E-Shops erreicht.
Die Grenzen zwischen Online- und stationärem Handel verwischen zunehmend. Immer mehr traditionelle Einzelhandelsketten wie Billa, Albert und Spar haben für 2013 die Einführung von E-Shops angekündigt. Tesco verkauft in Prag bereits seit einem Jahr erfolgreich Lebensmittel über das Internet. Umgekehrt betreiben die reinen Online-Händler häufig auch Ladengeschäfte, um Abholung und Umtausch für die Kunden anbieten zu können.
Der Autor ist Korrespondent für Tschechien und die Slowakei der Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing „Germany Trade and Invest“.
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