Zwei zu viel?
Regierung lehnt Frauenquoten für Wahllisten ab
13. 7. 2016 - Text: Katharina WiegmannText: kw/čtk; Foto: MPSV
Frauen machen in Tschechien 44 Prozent der berufstätigen Bevölkerung aus; unter den Studierenden an Hochschulen stellen sie 56 Prozent, beim erfolgreichen Abschluss erhöht sich der Anteil nochmals leicht auf 61 Prozent. Ist es – unter diesen Bedingungen – zu viel verlangt, wenn sich unter fünf Bewerbern für ein politisches Amt mindestens zwei Frauen befinden sollen? Eine Mehrheit im Regierungskabinett findet: ja. Die Quote, vorgeschlagen vom Minister für Menschenrechte Jiří Dienstbier (ČSSD), wurde am Montag dieser Woche von ANO und Christdemokraten abgelehnt. „Ich halte verpflichtende Quoten bei Kandidatinnen ebenso wie bei der Führung privater Unternehmen für eine schlechte Lösung“, schrieb der stellvertretende Vorsitzende der KDU-ČSL und Minister für Landwirtschaft Marian Jurečka.
Die vorgeschlagene Wahllisten-Regelung ist Teil eines Aktionsplans für Geschlechtergleichheit in Führungspositionen, der ansonsten von der Regierung angenommen wurde. Bis 2018 sind 35 Maßnahmen vorgesehen, um den Anteil von führenden Frauen in der staatlichen Verwaltung, Betrieben mit Staatsbeteiligung, Schulen und Wissenschaft zu fördern. Der Plan enthält auch Empfehlungen an die Privatwirtschaft, die aber nicht verbindlich sind. Eine Kampagne soll die Sichtbarkeit von Frauen in Kultur und Sport erhöhen.
Dienstbier zeigte sich enttäuscht von der Ablehnung der Quote. Premierminister Bohuslav Sobotka (ČSSD) verpflichtete sich, den Grundsatz der Gleichberechtigung strikt umzusetzen. In der Regierung werden nur drei der siebzehn Ministerien von Frauen geleitet, im Parlament sind knapp ein Fünftel der Abgeordneten weiblich – in den Stadt- und Gemeindeparlamenten halten sie lediglich 27 Prozent der Sitze. Laut den Autoren des Plans gehört Tschechien damit zu den EU-Ländern mit dem geringsten Anteil an Frauen in Führungspositionen.
„Wie 1938“
„Unterdurchschnittlich regiert“