Zwischen Sibirien und Sahara
In Böhmen und Mähren liegt das Ferne näher als gedacht: Zehn Ausflugstipps für den Sommer
27. 7. 2016 - Text: Franziska Neudert
Ukulele-Festival in Pilsen und Unětice
Mit Bier, Geschichte und Musik lädt das „Ukulele Festival“ am Freitag, 29. Juli zum Auftakt nach Pilsen ein. Die Teilnehmer erwartet ein Stadtrundgang mit Ukulele-Klängen. Ziel ist die Pilsner Brauerei, auf deren Bühne ab 15.30 Uhr Musiker auftreten. Am Abend bringt ein Bus die Gäste zurück nach Prag. An den folgenden zwei Tagen spielt sich das Festival in Unětice ab, etwa zehn Kilometer nordwestlich des Prager Stadtzentrums. Neben bekannten Instrumentalisten wie dem Kanadier James Hill, Taimane Gardner aus Hawaii und der Portugiesin Rita Braga können sich die Besucher auf viele Workshops freuen. Sowohl für Anfänger als auch Fortgeschrittene gibt es passende Kurse.
Böhmisches Sibirien
Wer denkt, Sibirien sei allein eine karge Landschaft tief in Russland, der irrt. An der Grenze zwischen den Kreisen Süd- und Mittelböhmen – genauer zwischen den Städten Tábor, Sedlec-Prčice und Votice – befindet sich eine Gegend, die hierzulande „Böhmisches Sibirien“ genannt wird. Angeblich erhielt sie ihren Namen wegen des rauen Wetters, das dort herrscht. Nirgendwo soll es in Tschechien länger kalt sein. Weite Wälder, Wiesen, Felder und Seen prägen den Landstrich. Wer gern wandert, mit dem Rad fährt, Pilze sammelt oder angelt, dürfte sich hier wohlfühlen. Ein beliebtes Ausflugsziel ist der Aussichtsturm auf dem Großen Blaník (Velký Blaník, 638 Meter). Auch die Überreste der Burg Zvěřinec. sind sehenswert. Für alle, die gern auf literarische Spurensuche gehen, bietet sich ein Ausflug zum Schloss Janowitz (Vrchotovy Janovice) an. Karl Kraus und Rainer Maria Rilke waren regelmäßig zu Gast in der neugotischen Residenz. Beide verband eine enge Freundschaft mit der letzten Schlossherrin, der Kunstliebhaberin und Mäzenin Baronin Sidonie Nádherný. An die Beziehung erinnert heute eine Dauerausstellung.
Baden in Dářko
Velké Dářko ist nicht nur irgendein Fischteich, von denen es in der Region so viele gibt – es ist der größte Fischteich der Böhmisch-Mährischen Höhe und damit des gesamten Kreises. Einheimische nennen ihn sogar das „Meer der Vysočina“. Man kann dort baden, paddeln und windsurfen, einfach nur vom Strand aufs Wasser schauen oder das Naturschutzgebiet Dářko erkunden. Dabei sollte man allerdings aufpassen, dass man nicht im Moor verloren geht.
Teufel auf Burg Trosky
Ein Wochenende mit unheimlichen Geschöpfen erwartet die Besucher von Burg Trosky am 6. und 7. August. Bei „Čerti na Troskách“ – Teufel auf Trosky – können Mutige mit Jongleuren, Gauklern und Bogenschützen um den Höllenkessel tanzen. Theateraufführungen bringen diabolische Geschichten auf die Bühne. Auf einem „höllischen Jahrmarkt“ können Groß und Klein bis 17.30 Uhr stöbern.
Baumkronenpfad Lipno
Nachts über den Bäumen in die Sterne schauen? Bis 31. August öffnet der Baumkronenpfad im südböhmischen Lipno nad Vltavou jeden Dienstag bis 23 Uhr seine Pforten. Besucher können auf 40 Metern Höhe über den Wipfeln wandeln und dabei einen ungewöhnlichen Ausblick auf den Böhmerwald genießen. Live-Musik begleitet den Blick in die Dämmerung. Auf dem Programm stehen Jazz, Swing, Blues und klassische Musik.
Mährische Sahara
In Südmähren befindet sich ein einzigartiges Naturschutzgebiet: Váté písky (Flugsande) nahe der Stadt Bzenec umfasst eine knapp 100 Fußballfelder große Fläche entlang der Eisenbahnlinie Břeclav-Přerov. Die als „Mährische Sahara“ bekannte Gegend beherbergt zahlreiche Tier- und Pflanzenarten. Vor tausenden Jahren sammelten sich dort Sande an, die später von Mischwald überwachsen wurden. Durch Sandstürme entstanden Dünen, sodass die Landschaft Anfang des 19. Jahrhunderts nahezu völlig wüst war. Aufforstungsprogramme brachten später den Wald zurück. Als 1841 eine neue Linie für die Kaiser-Ferdinands-Nordbahn errichtet wurde, musste eine Feuerschutzzone angelegt werden. Am Ende blieb nur ein langer Streifen unbewaldet. In dieser Sicherheitszone konnte sich während des Dampflok-Betriebs ein besonderes Biotop entwickeln. Dort finden sich etwa Silbergras und die unter Naturschutz stehenden Arten Violette Königskerze und Frühlings-Spark. Der Sand bietet Lebensraum für Ameisenlöwen, Heuschrecken und Rote Röhrenspinnen. Auch Östliche Smaragdeidechsen und Schlingnattern haben sich in Váté písky angesiedelt. Mit ein bisschen Glück kann man sogar Gottesanbeterinnen sehen.
Singletrail in Nové Město
Wintersportfans kennen Nové Město vom Biathlon-Weltcup. Gelegenheit sich zu bewegen bietet die Stadt aber auch im Sommer, zum Beispiel mit dem Mountainbike in der „Cyclo aréna Vysočina“ rund um das Langlaufgelände. Gemütlicher sind Wanderungen in den Saarer Bergen (Žďárské vrchy) und Radtouren durch die Region. Einen guten Ausblick bietet der 819 Meter hohe Pasecká-Felsen.
Kunstfestival bei Liberec
Freude an Kreativität und Gestaltung will das „Art Festival“ in Rychnov bei Jablonec nad Nisou wecken. Von 6. bis 11. August laden die Veranstalter zu Workshops, Vorträgen, Tanz und Yoga. Danach reist das Festival weiter ins knapp 20 Kilometer entfernte Liberec, wo es von 12. bis 14. August stattfindet. In Kursen können sich Besucher beispielsweise in Enkaustik und Graffiti probieren, dreidimensionales Papier herstellen und einen Einblick in die Heilkunst des Reiki erhalten. Am Abend sorgen Musik und Theater für Unterhaltung.
Bierfest in Frýdek-Místek
Auf diesen Tag können sich Biertrinker freuen: Am Samstag, 6. August lädt das mährisch-schlesische Frýdek-Místek zum „Pivohraní“. Insgesamt 13 lokale Minibrauereien bieten beim Bierfest ihre Getränke an. Wie der Gerstensaft hergestellt wird, erfahren Interessierte bei Führungen durch die Familienbetriebe. Mit Konzerten klingt das Festival aus, erwartet wird unter anderem die Prager Rockband „Už jsme doma“.
Mittelpunkt in Číhošť
Mathematiker können es bestimmt nachvollziehen: Der Mittelpunkt Tschechiens ist nicht etwa Prag, sondern Číhošť – der geographische zumindest. Ermitteln kann man ihn, wenn man den Schwerpunkt der Fläche berechnet, die von den Staatsgrenzen eingegrenzt wird. Bekannt ist die Gemeinde mit rund 300 Einwohnern zudem durch das „Wunder von Číhošť“. Ende der vierziger Jahre wurde der Priester Josef Toufar vom kommunistischen Regime beschuldigt, in dem Ort ein Wunder inszeniert zu haben. Er wurde verhaftet und starb im Februar 1950 an den Folgen der Folter durch die Staatssicherheit.
Sommerfrische in der Steiermark
An der Blutigen Straße