Überholt und zurückgekehrt
Vor 250 Jahren wurde der böhmische Adlige und österreichische Feldherr Josef Wenzel Radetzky von Radetz geboren
3. 11. 2016 - Text: Corinna AntonText: ca/čtk; Fotos: APZ
Für viele ist er heute nur noch „der mit dem Marsch“. Fast jeder kann ihn singen, aber was genau hat nochmal sein Namensgeber Josef Wenzel Radetzky von Radetz vollbracht? Und was hat er mit Tschechien zu tun? Am 2. November hätte Radetzky seinen 250. Geburtstag gefeiert. Zur Welt kam der Heerführer 1766 auf Schloss Trebnitz bei Seltschan – heute Sedlčany in Mittelböhmen. In Tschechien ist er allerdings vor fast hundert Jahren in Ungnade gefallen.
Bis nach dem Ersten Weltkrieg erinnerte in Prag auf dem Kleinseitner Ring ein Denkmal an Radetzky, der als wohl bedeutendster Heerführer Österreichs in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gilt. Es wurde 1858 enthüllt, direkt gegenüber dem damaligen Café Radetzky. Doch nach der Gründung der Ersten Republik war Radetzky überholt, die Skulptur wurde 1919 als Symbol der Monarchie beseitigt.
Mittlerweile hat sich das Verhältnis ein wenig entspannt. Im Jahr 2011 gründete sich in Prag ein Radetzky-Verein, der sich zum Ziel setzte, das Denkmal wieder zu errichten. Das ist zwar nicht gelungen. Aber immerhin sprachen sich damals einige Persönlichkeiten aus Kirche, Kultur und Wissenschaft für die Rückkehr des Feldmarschalls in den öffentlichen Raum aus.
Und in Olomouc gibt es seit 15 Jahren sogar ein Radetzky-Fest. Damit gedachte man in Mähren zuletzt Anfang September des Adligen, der 1821 als General der Kavallerie und Festungskommandant in die Stadt kam. „Ich bin froh, dass ich aus den Geschichtsbüchern herausgetreten bin, um in mein geliebtes Olomouc zurückzukehren“, sagte beim Fest ein Schauspieler, der Radetzky verkörperte.
Ein österreichischer Heerführer als Identifikationsfigur? In Olomouc funktioniert das offenbar. Vielleicht ja, weil der böhmische Adlige sich nicht nur für Militärtaktik begeisterte, sondern auch – so ist überliefert – Frauen, guten Wein und gutes Essen schätzte? Ob er allerdings tatsächlich für das Rezept des Wiener Schnitzels verantwortlich ist, gilt als umstritten.
Sicher ist dagegen, dass Johann Strauss der Ältere dem Feldherrn zu Ehren 1848 seinen „Radetzky-Marsch“ komponierte. Im gleichen Jahr machte die Stadt Olmütz Radetzky zum Ehrenbürger.
Zum Militär wollte der Adlige zunächst nicht, weil er körperlich recht schwach war. Nachdem er das Gymnasium in Prag abgeschlossen hatte, besuchte er aber schließlich doch die Militärakademie in Wien. Berühmt wurde er später unter anderem durch seine militärischen Erfolge in den Jahren 1848/1849 gegen Sardinien-Piemont und die italienischen Aufständischen, die sich im März 1848 gegen die österreichische Vorherrschaft erhoben. Bereits 1813 hatte Radetzky als Chef des Quartiermeisteramts den Plan zur Völkerschlacht bei Leipzig entworfen. Danach organisierte er das österreichische Heer neu. In 72 Jahren im Dienst der Armee war er an 17 Feldzügen beteiligt und wurde sieben Mal verwundet. Im Januar 1858 starb der achtfache Vater im Alter von 91 Jahren in Mailand an einer Lungenentzündung.
„Wie 1938“
30 Jahre PZ