Ein Blick hinter die Realität
Die Galerie Rudolfinum zeigt zeitgenössische britische Malerei
10. 10. 2012 - Text: Stephanie GerberText: Stephanie Gerber; Foto: All Visual Arts
Ist es eine Fotografie oder ein Gemälde? Diese Frage ist auf den ersten Blick gar nicht so leicht zu beantworten, wenn man sich manche der Ausstellungsstücke von „Beyond Reality, British Painting Today“ in der Galerie Rudolfinum anschaut. Die Schau soll einen repräsentativen Überblick über die zeitgenössische Malerei im Vereinigten Königreich bieten – vertreten von zwölf Künstlern der jüngeren und mittleren Generation. Die Werke reflektieren die gesteigerte Bedeutung der post-konzeptuellen, meist figurativen Malerei, die eine herausragende Stellung in der aktuellen britischen Kunstszene einnimmt.
Fiktion durchbricht Realität
Der erste Teil widmet sich dem Fotorealismus mit Bildern von Jason Brooks, Hynek Martinec, Ben Johnson, Keith Tyson, Marie Harnett, Jonathan Wateridge und Damien Hirst. Diese Künstler versuchen in ihren Werken, die Realität durch einen von der Fotografie geprägten veristischen Malstil auszudrücken, welcher es ihnen somit auch ermöglicht, Elemente der Fiktion miteinfließen zu lassen. Gezeigt werden unter anderem Porträts von außergewöhnlichen Menschen (zum Beispiel Ganzkörper-Tätowierte) sowie Szenen des alltäglichen Lebens. In zwei Werken von Damien Hirst findet man sich inmitten eines Operationssaales wieder.
Der zweite Teil der Ausstellung umfasst Exponate von Glenn Brown, Ged Quinn, Mathew Weir und Jake und Dinos Chapman. Sie folgen vor allem der akademischen Malweise des 19. Jahrhunderts – mit Verweisen auf die klassische Malerei und das Renaissance-Erbe. Diese Bilder zeigen primär Landschaftsszenerien, deren romantische Darstellungen durch irritierende Details bewusst durchbrochen werden.
Spannendes Begleitprogramm
Die Intention der Ausstellung folgt der Frage nach den Möglichkeiten, der Bedeutung und den Darstellungsformen von Realität. Fast alle Künstler haben sich in ihren Bildern einem neuen Verständnis von Wirklichkeit verschrieben. In den speziell für diese Schau angepassten Räumen der Galerie werden die Öl- oder Acryl-Werke auf teils sehr großen Leinwänden präsentiert, wodurch sie überaus imposant wirken. Besonders bei den Porträts und Landschaften verstärkt sich dieser Eindruck durch die detailreichen Darstellungen. Da die Gemälde alle aus dem 21. Jahrhundert stammen, stehen sie oft in Bezug zu aktuellen gesellschaftspolitischen Themen wie etwa die Atomkraft oder die moderne Medizin. Die Abbildungen regen zum Nachdenken an – über die bestehende Realität und über das, was darüber hinaus geht.
Zur Schau ist außerdem ein umfangreicher Katalog in tschechischer und englischer Sprache erschienen, welcher reich illustriert ist. Das Begleitprogramm mit Lesungen und Vorträgen, unter anderem mit den Künstlern persönlich, ist auf der Homepage der Galerie Rudolfinum einzusehen.
Beyond Reality, British Painting Today, Galerie Rudolfinum (Alšovo nábřeží 12, Prag 1), geöffnet Di.–Mi./Fr.–So. 10–18 Uhr, Do. 10–20 Uhr (montags geschlossen), Eintritt 140 CZK (ermäßigt 90 CZK), bis 30. Dezember 2012, www.galerierudolfinum.cz
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