Bericht aus Brüssel
EU-Kommission fordert „wachstumsfreundlichere“ Steuern
2. 7. 2014 - Text: Corinna AntonText: ca/čtk; Foto: APZ
53,5 Milliarden Euro haben Bürger und Unternehmen im Jahr 2012 an Steuern und Sozialabgaben in die tschechische Staatskasse eingezahlt. Die Europäische Kommission hat in ihren kürzlich veröffentlichten „Steuertrends“ nun analysiert, wie sich die Steuereinnahmen Tschechiens und der anderen EU-Staaten genau zusammensetzen. Wie in den meisten anderen Ländern machen auch in Tschechien die Steuern, die auf Arbeit erhoben werden, den größten Teil der Steuereinnahmen aus. 51,7 Prozent sind es hierzulande, 33,4 Prozent kommen aus Abgaben auf Konsum, nur 14,9 Prozent aus Steuern, die auf Kapital anfallen.
Der für Steuern zuständige EU-Kommissar Algirdas Šemeta kritisierte bei der Vorstellung der Analyse die seiner Ansicht nach zu hohe Besteuerung von Arbeit in den Mitgliedstaaten und forderte mehr „wachstumsfreundliche“ Abgaben wie etwa Umweltsteuern. Letztere beliefen sich in Tschechien 2012 auf 2,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, während die gesamten Einnahmen aus Steuern und Sozialausgaben 35 Prozent des BIP betrugen. Verhältnismäßig hoch fällt hierzulande dagegen der Anteil der Einnahmen aus, der aus Sozialabgaben in die Staatskasse fließt. Er lag vor zwei Jahren bei 15,6 Prozent des BIP – wobei 9,9 Prozent von Arbeitgebern, 3,2 Prozent von Angestellten und 2,5 Prozent von Selbstständigen gezahlt wurden.
Gegen EU-Recht
Neben der EU-Kommission hat sich in den vergangenen Wochen auch der Gerichtshof der Europäischen Union in Luxemburg mit der tschechischen Steuergesetzgebung auseinandergesetzt und befunden: Tschechien verstößt teilweise gegen EU-Recht. Konkret ging es um Regelungen für Angestellte, die über Agenturen an Firmen vermittelt werden. Derzeit gilt hierzulande: Falls eine Zeitarbeitsagentur ihren Sitz im Ausland hat, muss den Unternehmensanteil der Einkommensteuer diejenige Firma zahlen, die den Mitarbeiter beschäftigt. Hat die Agentur ihren Sitz in Tschechien, muss sie selbst die Abgaben übernehmen.
Dem Gerichtshof zufolge werden durch diese Regelung die ausländischen Zeitarbeitsfirmen diskriminiert. Ihre Dienste in Anspruch zu nehmen sei für tschechische Betriebe mit einem höheren bürokratischen Aufwand verbunden, ihre Angebote seien dadurch weniger attraktiv als die einheimischer Konkurrenten, so die Richter.
Zu dem Urteil war es gekommen, weil sich das Oberste Verwaltungsgericht und das Kreisgericht Ostrava an den Gerichtshof der Europäischen Union gewandt hatten, um die Vereinbarkeit des tschechischen Rechts mit den EU-Gesetzen zu überprüfen. Anlass waren Rechtsstreitigkeiten zweier Zeitarbeitsfirmen mit den tschechischen Steuerbehörden. Die tschechischen Behörden haben zu der Entscheidung des Gerichtshofs noch keine Stellung genommen. Man müsse das Urteil erst genau lesen, sagte eine Sprecherin des Finanzministeriums.
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