Bestechungen vor der Wahl
Polizei ermittelt in mehreren Orten wegen Wahlbetrug
15. 10. 2014 - Text: Franziska NeudertText: Franziska Neudert; Foto: čtk
Stimmenkauf und Wahlbetrug, so sind sich zahlreiche Nichtregierungsorganisationen einig, sind ein weitverbreitetes Phänomen in Tschechien. Das gilt besonders für soziale Brennpunkte. Laut einem Bericht mehrerer Nichtregierungsorganisationen, die den Urnengang am Wochenende überwacht hatten, wurden bei den Kommunalwahlen im zehnten Prager Stadtbezirk, in Brünn sowie in Kadaň bei Chomutov mehrere Versuche von Stimmenkauf registriert. Die Organisationen – unter anderem Transparency International, der Stiftungsfonds gegen Korruption (Nadační fond pro boj proti korupci) sowie die Bürgervereinigungen „Oživení“ („Belebung“) und „Naši politici“ („Unsere Politiker“) – fordern daher eine Verschärfung des Wahlgesetzes. „Stimmenkauf ist in sozialen Brennpunkten ein völlig alltägliches Phänomen“, erläutert Oživení-Mitarbeiter Lukáš Landa. Das würden Informationen aus Ústí nad Labem, Bílina, Český Těšín, Ostrava und Opava belegen. So hätten sich im nordböhmischen Horní Jiřetín dieselben Leute eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung in der Gemeinde besorgt wie vor vier Jahren. Für diesen Schritt, der eine Voraussetzung für den Urnengang darstellt, erhielten sie 10.000 Kronen (etwa 360 Euro). In einem Sozialamt in Prag 10 bekamen die Kunden bereits ausgefüllte Stimmzettel zugunsten der Gruppierung „Nezávislí pro Prahu 10“ („Unabhängige für Prag 10“) in die Hand. Auch in Český Těšín seien Zeugenaussagen zufolge Stimmen für die ČSSD sowie die Gruppierung „SOS für Český Těšín“ gekauft worden. Im Fall der Sozialdemokraten erhielten die Wähler für ihre Stimme einen Gutschein in Höhe von 500 Kronen für eine Bar. In Brünn registrierten die Organisationen zudem bei den Senatswahlen Stimmenkauf. Wie Janusz Konieczny vom Stiftungsfonds für Korruption sagte, kamen dort Menschen in Begleitung sogenannter Wahlkoordinatoren mit einem Armband zur Wahl, das ihnen kostenlosen Eintritt und Bewirtung in einem Musikklub gewährte. Den Bericht zum Stimmenkauf haben die Organisationen indes der Polizei übergeben. Bereits während der vergangenen Kommunalwahlen waren mehrere Fälle von Wahlbetrug festgestellt worden. In fünf Gemeinden ordneten die Gerichte daraufhin die Wiederholung der Wahlen an, eine Person wurde verurteilt.
„Wie 1938“
„Unterdurchschnittlich regiert“