Blick in die Presse
Neuwahlen als Chance, Kritik an der Prague Pride, Erfolgreiche Lobbyarbeit
21. 8. 2013 - Text: PZText/Foto: PZ
Neuwahlen als Chance | In einem Leitartikel zur politischen Krise in Tschechien ruft Frank Herold in der „Frankfurter Rundschau“ zu einem „tiefgreifenden Generationswechsel“ auf: „In die entscheidenden Machtpositionen waren [nach der politischen Wende 1989] nicht die Idealisten und Moralisten der basisdemokratischen Revolution gelangt, sondern unsentimentale Pragmatiker wie (…) Václav Klaus oder Miloš Zeman. Zudem entwickelten sich die politischen Gruppierungen des Umbruchs (…) nicht zu Mitglieder- oder Massenparteien. Sie blieben Elitenvereine, die hinter den Kulissen ein weitverzweigtes Patronagesystem entwickelten.“ Die Politik in Tschechien werde laut Herold noch immer „in Hinterzimmern gemacht“. Und die Bevölkerung habe das stets in Kauf genommen, „solange es stetig und spürbar aufwärts ging oder wenigstens das Versprechen noch glaubwürdig klang, dass alles besser werde.“ Doch „die Krise hat diesen Gesellschaftsvertrag erledigt“, denn angesichts leerer Kassen könnten die politischen Eliten nicht mehr in gewohntem Maße austeilen. Die möglichen Neuwahlen im Herbst versteht Herold als Chance, die Krise zu überwinden, und fordert den „Anfang eines Politikwechsels“. Dafür bräuchte man „unverbrauchte und glaubwürdige Gesichter“.
Kritik an der „Prague Pride“ | In einem Gastbeitrag für die Tageszeitung „Lidové noviny“ hinterfragt Roman Joch, Leiter der konservativ ausgerichteten NGO „Občanský institut“ (zu Deutsch: „Bürgerinstitut“), die am vorigen Wochenende ausgetragene Homosexuellen-Parade „Prague Pride“. In einer der „tolerantesten Städte der Welt“ und einem freien Land wie Tschechien könnten selbstverständlich auch Homosexuelle demonstrieren. Doch die Organisatoren der Demonstration wollen Türen eintreten, die längst geöffnet sind. „Man versteht die Bedeutung solcher Demos in Moskau – wir sprechen nicht von Riad oder Teheran. Aber in Prag? In einer solch toleranten Stadt?“ Sie sollten eher auf die Lage von Homosexuellen in Ländern hinweisen, in denen sie unterdrückt oder verfolgt werden. Auch den Titel der Veranstaltung, genauer gesagt das Wort „Pride“, kann Joch nicht nachvollziehen. „Worauf sind sie denn stolz? Ein Mensch kann stolz auf eigene Taten sein, aber doch nicht auf eine Orientierung, zu der sie ohne eigenes Zutun gelangt sind.“ Zudem fragt Joch, ob die öffentliche Zurschaustellung der sexuellen Orientierung nicht einfach zu weit gehe. „Für einige Menschen gehört Sexualität in den privaten Bereich und niemals in die Öffentlichkeit. Das zu einer öffentlichen Sache zu machen, ist anstößig und peinlich.“
Erfolgreiche Lobbyarbeit | Im Wochenmagazin „Respekt“ weist Tomáš Sacher auf den Widerstand Tschechiens gegen die von der EU verschärften Tabak-Richtlinien und den Einfluss der Tabakkonzerne auf die Politik hin: „Wie überall in Europa ist Tabak hierzulande ein Riesengeschäft. Allein auf den Konzern Philip Morris, der sich in Kutná Hora niedergelassen hat, entfallen allein etwa 40 Prozent des gesamten Marktes. (…) Das Tabakgeschäft spült zwei Milliarden Euro Steuergelder in die Staatskasse. Jede einzelne Zigarettenschachtel wird zu rund 77 Prozent besteuert. In Gesprächen gaben die Lobbyisten zu, dass sie sehr froh darüber sind, im tschechischen politischen Umfeld noch immer viele Verantwortungsträger zu finden, die sich ganz ohne Gegenleistung für die Interessen der Tabakkonzerne einsetzen. Aus dem einfachen Grund, weil sie sich damit der EU und ihren Regulierungsversuchen widersetzen können.“
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