Blick in die Presse
Bundestagwahlkampf in Deutschland und Anti-Roma-Demos in Tschechien
28. 8. 2013 - Text: PZText und Foto: PZ
Blick nach Deutschland | Während sich die Parteien hierzulande auf die vorgezogenen Neuwahlen Ende Oktober vorbereiten, schauen die politischen Kommentatoren auch auf den Wahlkampf im benachbarten Deutschland. Im Leitartikel der Wochenzeitschrift „Respekt“ wird deutlich, dass dieser so ganz anders verläuft als in Tschechien. In der aktuellen Ausgabe heißt es unter der Schlagzeile „Das deutsche Glück – die wichtigsten Wahlen der EU können gar nicht schlecht ausgehen“: „Deutschland ist kurz gesagt zum unanfechtbaren Schwergewicht des vereinten Europas geworden. Es hat ein höheres Wachstum und eine geringere Arbeitslosigkeit als vor der Finanzkrise, mit zig Milliarden Euro hielt es die Eurozone zusammen und verhinderte den Bankrott verschuldeter Staaten. Wenn man den deutschen Wahlkampf betrachtet, bekommt man davon überhaupt nichts mit. Es wird über Mindestlöhne, höhere Mietpreise in den Städten und eine Reichensteuer debattiert – aber nie über die Zukunft Europas.“
Dies läge jedoch nicht daran, dass die Deutschen kein Interesse am Schicksal Europas zeigten. „Es ist eher das Ergebnis eines großen Konsens zwischen den größten politischen Parteien. Einfach formuliert: Alle wollen ein stärkeres und einheitlicheres Europa, aber niemand hat eine klare Vorstellung davon, wie das zu realisieren ist.“ Die deutschen Wähler könnten sich mit den politischen Zuständen in ihrem Land glücklich schätzen. „Ein linksorientierter Berliner Student wird dem sicher nicht zustimmen. Denn er schimpft auf die wenig einfallsreiche Bundeskanzlerin und ihre Sparpolitik. Ebenso wird ein bayerischer Privatunternehmer mit dem Finger auf die alternativen Grünen zeigen, etwa wegen des Vorschlages, einen vegetarischen Tag in öffentlichen Kantinen einzuführen. Die Wähler sind sich dessen nicht bewusst, was aus tschechischer Sicht so besonders erscheint: dass kultivierte und vernünftige Führungspersonen in der Politik keine Selbstverständlichkeit sind.“
Kein tschechisches Phänomen | Mit den erneuten Demonstrationen gegen die in Tschechien lebende Roma-Minderheit beschäftigt sich Gerald Schubert in seinem Kommentar für die österreichische Tageszeitung „Der Standard“. In der Montagsausgabe heißt es dazu, „ wenn soziale Problemviertel zu Brennpunkten ethnischer Gewalt werden, ist Sorge angebracht. Ghetto-Bildung und soziale Ausgrenzung von Roma sind in Tschechien ein Problem.“ Doch eine Verharmlosung dieses Konflikts fände nicht statt, das Stereotyp von mangelnder Toleranz in postkommunistischen Gesellschaften gäbe es ebenso wenig. „In acht Städten demonstrierten im Schnitt 200 Menschen – was eher auf gut vernetzte Strukturen der Rechtsradikalen hinweist als auf eine Massenbewegung. Seit 1998 ist im tschechischen Parlament keine offen fremdenfeindliche oder rassistische Partei vertreten.“ Bürgerwehren wie in Ungarn hätten in Tschechien keine Nachahmer gefunden, sehr wohl aber gingen Menschen auch gegen Rassismus auf die Straße.
„Wie 1938“
„Unterdurchschnittlich regiert“