Blick in die Presse
Tschechische Pressekommentare über die Regierungsbildung, die Befugnisse des Präsidenten, die Mondreise der Chinesen und die Wirtschaftslage 2014
18. 12. 2013 - Text: PZText: PZ
Bitte keine B-Mannschaft | Die Tageszeitung „Právo“ bezweifelt die Berechtigung des Präsidenten, dem kommenden Premier Bohuslav Sobotka in die Besetzung seiner Regierung hineinzureden. Wenn dieser auf so hochkarätige Politiker wie seine langjährigen Stellvertreter, einen ehemaligen Präsidentschaftskandidaten oder EU-Kommissar verzichten würde, dann „könnten sich die Mitglieder und Wähler der Sozialdemokraten denken, dass es Sobotka die Sinne verdunkelt habe und er mit einer B-Mannschaft in den Kampf zieht. (…) Die Leute sind nämlich der Meinung, wenn einer jemanden zum Premier ernennt, sollte er ihm auch vertrauen, ganz zu schweigen davon, dass der Chef der Regierung für deren Ergebnisse die Verantwortung trägt. Bei Sobotka vertieft das Ansinnen des Präsidenten offenbar die Falten auf der Stirn. Zum Glück will Miloš Zeman die Kandidaten gemäß ihrer fachlichen Kompetenz beurteilen. Lasst uns ihm glauben!“
Hü und hott | Die Tageszeitung „Mladá fronta Dnes“ erwartet von der kommenden Dreierkoalition keine Änderungen, aber „will niemandem die Freude an der neuen Regierung nehmen. (…) Umso größer wird hinterher die Ernüchterung sein. Seit den Wahlen ist bis jetzt nichts Neues geschehen. Die Politiker gehen genau so vor, wie sie es immer getan haben. Wie in Zukunft die ČSSD und ANO in Eintracht regieren sollen, ist ein Rätsel. Schon jetzt widern sie sich gegenseitig an, überspielt von lärmendem Koalitionsoptimismus.“ Nach der kurzen Wende-Euphorie nach 1989 seien die Regierungen nur noch „rechts-links, oben-unten, gleichzeitig hü und hott, sie treten auf der Stelle und schaden mehr als sie nutzen. Die Politiker haben es gelernt, sich in diesen Verhältnissen zu bewegen und zu leben. Zur Änderung des Spielfelds und der Regeln zwingt sie wohl nichts. (…) Wie sagte einst auf dem Schriftstellerkongress Ludvík Vaculík: Alles Gute, das in diesem Land in zwanzig Jahren entstand, vermochten sich die Menschen der Regierung und gegen die Regierung zu ertrotzen.“
Peking hat Zeit | Die „Lidové noviny“ sieht in der geglückten Landung der chinesischen Raumsonde Chang’e-3 auf der Mondoberfläche ein „bedeutendes Weltraumereignis“ und gleichzeitig das Ergebnis einer langfristigen Strategie. Dabei gehe es nicht zuletzt um „den mineralischen Reichtum des Mondes“. Daher sei „es keine Überraschung, dass das Mondfahrzeug ‚Jadehase‘ für die Erforschung der Vorkommen unter der Oberfläche hervorragend ausgestattet ist. Der Mond ist selbstverständlich nicht identisch mit Afrika, von wo der Bezug von Mineralien den Chinesen leichter fällt. Beide aber fügen sich in eine Politik ein, die Peking langsam aber sicher schon seit Ende der siebziger Jahre, nach der Abkehr vom Maoismus, vorantreibt. Nämlich den Weg von inneren Reformen und auswärtigen Engagements, bei denen Wachstum und Expansion immer mehr die Ideologie ersetzen. Und es ist gleich, ob die Früchte in wenigen Jahren oder erst nach Jahrzehnten in den Schoß fallen. Peking hat Zeit.“
Wandel bringt Chancen | Die Wochenzeitschrift für Wirtschaft „Ekonom“ sieht optimistisch ins Jahr 2014. Die tschechische Wirtschaft befinde sich im Umbau – ein Wandel, der zwar schmerzlich sei, aber neue Chancen eröffne. Vier Faktoren machten Hoffnung, erstens „verschwinden die ‚verlängerten Werkbänke‘ (…), so dass sich die Struktur der tschechischen Industrie qualitativ verbessert“. Zweitens „ziehen die prosperierenden Zentren weitere ökonomische Aktivitäten an. Ein Trend, der auch aus den USA und Westeuropa bekannt ist.“ Drittens „trifft es nicht mehr zu, dass Tschechien ein Zulieferer von Einzelteilen ist, die von deutschen Unternehmen zusammengebaut (…) werden. Tschechische Unternehmen schaffen es immer öfter, ihre Produkte oder komplette Investitionsvorhaben außerhalb Europas zu verkaufen.“ Und viertens begännen die tschechischen Unternehmer verstärkt, selber im Ausland zu investieren. Daraus schließt die Zeitschrift, „trotz der ungünstigen Makro-Zahlen des dritten Quartals 2013 scheint es, dass wir die Krise endlich hinter uns haben.“
„Wie 1938“
„Unterdurchschnittlich regiert“