Blick in die Presse

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Tschechische Pressekommentare zur Präsidentschaft Zemans, den neuen Finanziminister und zur Vertrauenswürdigkeit der Politiker

29. 1. 2014 - Text: PZText: PZ

Weiser Moderator | Die Tageszeitung „Právo“ stellt nach einem Jahr der Präsidentschaft Zemans fest, es sei ihm nicht gelungen, die Mehrheit davon zu überzeugen, dass „er unter dem Gesichtspunkt der Machtteilung etwas mehr ist als seine Vorgänger“. Die Menschen würden es nun begrüßen, wenn Zeman gegenüber der neuen Regierung eine vermittelnde Rolle annähme, denn „das Interesse daran, dass die aus den Wahlen hervorgegangene Regierung möglichst lange im Amt bleibt, ist allgemein. (…) Die Rolle des erfahrenen und weisen Moderators (…) wäre viel nützlicher für die Steigerung seiner Beliebtheit als das bisherige Image, das zwischen dem Rächer und dem Klassenlehrer mit dem Rohrstock oszilliert.“

Nervosität geweckt | Das Wirtschaftsblatt „Ekonom“ macht sich Gedanken über Andrej Babiš als neuen Finanzminister: „Das Problem mit Babiš liegt darin, dass er sein ganzes Leben genau das machte, was für ihn selbst nützlich war – was für sich genommen nichts Schlechtes ist. Sein Drang zum Ziel bedeutet allerdings auch, dass er fähig ist, sich jedweder Mittel zu bedienen. (…) Gerade diese Kombination von Eigenschaften, jetzt in Verbindung mit großer Macht, weckt freilich bei Vielen Nervosität. Wird er nun wirklich den Menschen dienen oder bloß der Chef von zehn Millionen Beschäftigten sein?“

Puffer gegen Russland | Mit Blick auf die Ukraine bedauert das Wochenmagazin „Respekt“, dass Präsident Zeman, „schweigt – und was schlimmer ist, er besteht vielsagend schweigend auf seiner Einladung an Janukowitsch für April nach Prag. Das alles geschieht in einem Land, das so sehr an das ihm in der Vergangenheit zugefügte Unrecht erinnert, als es allein gegen die nackte Gewalt stand. Dabei betrifft uns die Situation in der Ukraine wahrhaft essentiell. Es geht nicht allein darum, dass ein Stück weiter nach Osten von uns eine Diktatur entstehen kann, von wo Massen von Flüchtlingen zu uns strömen werden mit der Bitte um Asyl. Die Ukraine ist für Mitteleuropa auch ein Puffer gegen das expansive Russland. Je weiter die Putinsche politische Kultur von uns entfernt bleibt, umso besser.“

Apokalyptische Gefühle | Die Literaturzeitung „Literární noviny“, seit Januar 2014 vom Wochenblatt zur Monatszeitung mutiert, glossiert den Spitzenplatz des Rechtspopulisten Tomio Okamura auf der Beliebtheitsskala: „Wenn Sie zum Beispiel das Ergebnis der letzten Umfrage nach der Vertrauenswürdigkeit der Politiker betrachten, wird es nicht leicht für Sie sein, sich zu orientieren. Zunächst finden Sie es lustig, weil Sie sich sagen, das ist ein toller Witz, eine gelungene Mystifikation. Nach einer Weile aber stellen Sie fest, dass das ernst gemeint ist. Und die Betrübnis wird tief sein, fast apokalyptische Gefühle werden sich Ihrer bemächtigen. Viele werden sich sogar fragen, was sie hier noch suchen, ob sie hierhin gehören, ob sie nicht aus Versehen oder zur Strafe hierhin geraten sind.“

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