Dem Glauben auf der Spur
Eine Ausstellung in Brünn feiert die Ankunft der Slawenapostel Kyrill und Method vor 1.150 Jahren
3. 4. 2013 - Text: Franziska NeudertText: fn; Foto: APZ
Tschechien gilt als atheistischster Staat Europas. Dennoch feiert das Land am 5. Juli einen religiösen Tag, der einzig im tschechischen und slowakischen Festkalender existiert: Den Tag der Slawenapostel Kyrill und Method. Obwohl der Feiertag von der orthodoxen Kirche abgelehnt wird und erst nach der politischen Wende von 1990 staatliche Anerkennung erfuhr, zählt er heute zu den höchsten Heiligenfeiertagen im Land. Nun jährt sich die Ankunft der beiden Missionare im Großmährischen Reich zum 1.150 Mal. Anlässlich des Jubiläums präsentiert das Mährische Landesmuseum in Brünn eine Ausstellung, die Leben und Wirken der heiligen Brüder sowie deren Bedeutung für die Ausbildung der tschechischen nationalen Identität beleuchtet.
Im Jahr 863 bat Fürst Rostislav, Herrscher des Großmährischen Reiches, den byzantinischen Kaiser um die Entsendung landeskundiger Missionare. Mit seinem Gesuch wollte der Fürst sein Land vor den Übergriffen des Ostfrankenreiches und den deutschen Missionaren schützen. So kamen die Brüder Konstantin – den Namen Kyrill nahm er vermutlich erst an, als er kurz vor seinem Tod in ein Kloster eintrat – und Method aus dem makedonischen Saloniki nach Böhmen, um den christlichen Glauben zu verbreiten. Beide beherrschten den slawischen Dialekt, der damals auch in der Nähe ihrer Heimatstadt verbreitet war. Noch vor ihrer Ankunft in Böhmen entwickelte Konstantin eine Schrift, die dem Lautsystem des slawischen Dialekts entsprach. Die sogenannte Glagoliza wurde zur Grundlage der slawischen Schriftsprache. Konstantin übertrug liturgische Texte sowie einen Großteil der Bibel ins Slawische, um der Bevölkerung das Christentum in deren Landessprache näherbringen zu können. Als Erschaffer des neuen Alphabets stellen die beiden damit nicht nur Pioniere für die slawische Liturgie dar, sondern gaben den slawischen Völkern auch eine gemeinsame kulturelle und christliche Identität.
Die Aufgabe von Kyrill und Method bestand vor allem darin, Einheimische zu Priestern auszubilden und eine großmährische Kirchenorganisation zu errichten. Anfängliche Erfolge wurden durch kirchenpolitische Machenschaften jedoch gebremst, denn der mächtigeren fränkischen Mission waren die beiden Brüder ein Dorn im Auge. Sie beschuldigten Konstantin und Method vor dem Papst, einen slawischen Gottesdienst abzuhalten und nicht in den gängigen Sprachen Griechisch, Latein oder Hebräisch zu lehren. Die Geschwister begaben sich auf den Weg nach Rom, um vor dem Heiligen Vater Zeugnis abzulegen. In Rom erkrankte Konstantin und starb 869. Nach dem Tod seines Bruders wurde Method von Papst Hadrian II. offiziell zum Gesandten für die Slawen ernannt. Er erhielt den Auftrag, seine Mission in Mähren fortzusetzen.
Brückenbauer
Unterdessen hatte sich die politische Situation während seiner Abwesenheit in Großmähren grundlegend verändert. Rostislav wurde gestürzt, sein Neffe Svatopluk regierte nun mit ostfränkischer Unterstützung. Auf seinem Rückweg aus Rom wurde Method festgenommen, eingekerkert und erst drei Jahre später nach Eingreifen des Papstes freigelassen. Auch in den Folgejahren geriet der Makedonier immer wieder in Konflikt mit den ostfränkischen Geistlichen, so dass er seine Lebensaufgabe nicht vollenden konnte. 885 starb Method. Seine Anhänger wurden aus Mähren verjagt; die lateinische Liturgie setzte sich erneut durch. Die Gebeine des Missionars fanden angeblich im mährischen Staré Město u Uherského Hradiště ihre letzte Ruhe. Bis heute sucht man nach dem Grab, bisher ohne Erfolg.
Obwohl die Slawenmission von Kyrill und Method letztlich scheiterte, sind die beiden für die Ostkirche von unschätzbarer Bedeutung. Ihnen ist es zu verdanken, dass sich mit dem Kirchenslawisch eine verbindende Liturgiesprache entwickelte und damit eine Brücke zwischen den Ländern entstand. Die westlichen Kirchen bedienten sich hingegen noch bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil von 1962 bis 1965 des Latein in ihren Liturgien und nicht etwa der jeweiligen Landessprachen.
Die Exposition im Damenstift des Mährischen Landesmuseums zeigt historische und archäologische Materialien, die sich auf die Mission der Glaubensboten beziehen. Außerdem beschäftigt sich eine Präsentation mit der kyrillo-methodischen Tradition in Musik, Theater und Literatur. Die Slawenapostel haben nicht nur der slawischen Literatur entscheidende Impulse gegeben, sondern sich auch mit Kirchenmusik und Kirchenbauten auseinandergesetzt. Als Vertreter der tschechisch orientierten geistigen Kultur wurden sie zu Ikonen der sich emanzipierenden tschechischen Gesellschaft. Ein Thema, das sich in den ausgestellten Keramiken, Grafiken und Wallfahrtsdrucken widerspiegelt.
Kyrill und Method – ihre Zeit, ihr Leben und Werk. Das 1.150. Jubiläum der Ankunft der Glaubensboten, Mährisches Landesmuseum Brünn, geöffnet: Di. 9–15 Uhr, Mi.–Fr. 9–17 Uhr, Sa./So. 13–18 Uhr (montags geschlossen), Eintritt: 90 CZK (ermäßigt 45 CZK), www.mzm.cz
„Markus von Liberec“
Geheimes oder Geheimnistuerei?