Der Herr des Himmels
Prager Orte und ihre Namen: Ein slawischer Gott in Vinohrady
4. 5. 2016 - Text: Franziska NeudertText: Franziska Neudert; Foto: P. Schöner
Sie ist eine durchschnittliche Straße, die ihrem Namen keine Ehre macht. Die Perunova in Vinohrady ist eher grau-braun. Parkende Autos säumen ihre Seiten, in die Häuser locken die üblichen Kneipen. Nicht von dieser Welt dagegen ist das Wesen, nach dem die Straße benannt wurde. Perun ist der ranghöchste Gott in der slawischen Mythologie. Seine Verehrung belegen heute Orts-, Straßen- und Personennamen in Tschechien, Polen, Serbien und Kroatien, aber auch an der Elbe und der Ostsee.
Der Name Perun ist slawischer Herkunft. Er leitet sich vom Verb „perti“ ab, das mit „schlagen“ übersetzt werden kann. Die Endung -un bringt einen aktiven, verstärkenden Aspekt zum Ausdruck, sodass Perun als der „stark Schlagende“ verstanden werden kann. Als Himmelsgott war Perun der Herrscher über Gewitter, Blitz und Donner. In seiner Ranghöhe entspricht er Jupiter in der römischen Religion, dem griechischen Zeus oder Donar bei den Germanen.
Die älteste schriftliche Überlieferung stammt aus dem sechsten Jahrhundert und geht auf den letzten großen Geschichtsschreiber der Antike Prokopios von Caesarea zurück. In seinen Schriften nennt er zwar keinen Namen, doch berichtet er von einem Donnergott, den die Slawen als einzige Gottheit verehren. Ihm würden sie sogar Tiere opfern, schreibt Prokopios. Das ist nach heutiger Kenntnis zwar falsch – die Slawen verehrten nicht nur einen Gott, doch stand der Kult um Perun seinerzeit wohl im Vordergrund.
Verehrung bis in die Neuzeit
Namentlich wird der Gott erstmals im siebten Jahrhundert erwähnt. Als Pyrenos wird er in der byzantinischen Legende vom Leben des heiligen Demetrios von Thessaloniki in Verbindung mit einem Orakelspruch gebracht.
Die wohl ausführlichste Erwähnung findet Perun in der ältesten erhaltenen ostslawischen Chronik, der Nestorchronik. Sie bezeichnet ihn als göttlichen Bürgen für die Verträge der Kiewer Rus mit dem Byzantinischen Reich. Im Jahr 980 ließ ihm Fürst Wladimir I. in Kiew ein hölzernes Standbild mit silbernem Kopf und goldenem Bart errichten, ein weiteres entstand in Nowgorod. Im Zuge der Christianisierung wurden beide Skulpturen um 988/989 zerstört. Die Kirche versuchte, den Perun-Kult auszulöschen, indem sie die Aufgaben des Gottes auf den Propheten Elias übertrug.
Dennoch lebte die Verehrung des Donnergottes im Volksglauben bis weit in die Neuzeit weiter, in Bulgarien finden sich sogar bis ins 18. Jahrhundert Spuren des Kultes.
Wichtigstes Attribut Peruns war die Axt – ein Symbol des einschlagenden Blitzes. Man findet ihn aber auch mit der Schwertlilie und der Eiche, die als heiliger Baum die Erde symbolisierte. Amulette, die Perun mit einer Axt zeigen, wurden in russischen Hügelgräbern als Grabbeigaben gefunden. Vermutlich übertrugen die Waräger – aus Skandinavien stammende Händler und Krieger – ihre Verehrung Thors auf Perun, nachdem sie slawisiert wurden.
„Wie 1938“
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