Der letzte Kampf

Der letzte Kampf

Aufstand in Prag: Anfang Mai 1945 wehrten sich Zehntausende gegen die deutschen Besatzer. In den kommenden Wochen erinnern mehrere Ausstellungen daran

7. 5. 2015 - Text: PZText: PZ; Foto: čtk

Am Dienstag, an dem sich der Prager Aufstand gegen die deutschen Besatzungstruppen zum 70. Mal jährte, wurde überall in der Stadt gefeiert. Am Gebäude des Tschechischen Rundfunks enthüllte der Premierminister eine Gedenktafel für 81 Gefallene, auf der Burg sprach der Staatspräsident vor Kriegsveteranen, der Erzbischof von Prag hielt eine Messe im Veitsdom ab und im Kongresszentrum kamen rund 2.000 Ehrengäste zu einem Konzert des Tschechischen Militärorchesters zusammen. In den kommenden Wochen erinnern mehrere Ausstellungen an den Prager Aufstand, der am 5. Mai 1945 begann und drei Tage später mit dem Abzug der Wehrmacht endete – unter anderem im Stadtmuseum („Errichtet Barrikaden!“, bis 30. Juni), in der Gedenkstätte auf dem Veitsberg („Die Gesellschaft am Wendepunkt“, bis 28. Juni), auf dem Platz Jiřího z Poděbrad (bis 5. Juni) und in der „Galerie pod radnicí“ im Rathaus von Prag 3 (bis 29. Mai).

Es war vorauszusehen, dass es in dem Augenblick, in dem der deutsche Machtapparat kurz vor dem Zusammenbruch stand, zu einem spontanen Ausbruch des Volkshasses kommen musste. Deshalb verkündete Staatssekretär Karl Hermann Frank bereits am 30. April über den Rundfunk, dass jeder Versuch eines Aufstandes in einem „Meer aus Blut“ enden würde. Während die Bevölkerung bereits wusste, dass die Alliierten kurz vor Prag standen, erließ Frank einen Schießbefehl für „nicht genehmigte Versammlungen auf offener Straße“. Doch den Aufstand konnte er damit nicht verhindern.

Am Morgen des 5. Mai begann Radiomoderator Zdeněk Mančal seine Sendung mit den Worten „Je šest hodin“ („Es ist 6 Uhr“) und führte fortan nur noch auf Tschechisch durch das Programm. Da er sich damit der Anordnung nach zweisprachigen Sendungen widersetzte, wurden deutsche Soldaten in das Rundfunkgebäude gerufen, denen sich allerdings tschechische Widerstandskämpfer in den Weg stellten. Die Gefechte waren live im Radio zu hören, für viele Prager war die Zeit für den Aufstand gekommen: Deutsche Schilder wurden heruntergerissen, tschechoslowakische Fahnen gehisst und Barrikaden gebaut. Im Laufe des Tages konnten die Tschechen sowohl das Rundfunkgebäude als auch das Hauptquartier der Sicherheitspolizei und das Rathaus einnehmen. Immer mehr deutsche Einheiten wurden angegriffen und entwaffnet.

Mehr als 30.000 Bürger sollen an den folgenden Tagen an über 1.500 Barrikaden ihre Stadt verteidigt haben. Die Offensive der Deutschen scheiterte am erbitterten Widerstand der Aufständischen, denen sich auch Einheiten der ursprünglich von den Deutschen aufgestellten „Russischen Befreiungsarmee“ von General Andrei Wlassow angeschlossen hatten. Da die Zerstörung der Stadt zunahm und ihnen die US-Amerikaner nicht zu Hilfe kamen (sie hatten mit der Roten Armee zuvor eine Demarkationslinie 70 Kilometer vor Prag vereinbart), handelten die Aufständischen mit den deutschen Einheiten am 8. Mai einen Waffenstillstand aus. Wenige Stunden später trafen die ersten russischen Panzer in der Stadt ein, der Krieg war vorbei. Laut aktuellen Angaben des Militärhistorischen Instituts sollen über 2.900 Menschen während des Prager Aufstands ums Leben gekommen sein.

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