Der Vorhang fällt
Nationaltheater in Brünn streicht zwei Festivals – Direktor will neue Wege gehen
22. 10. 2014 - Text: Franziska NeudertText: fn; Foto: Millenium187
Bereits kurz nachdem Martin Glaser im September vergangenen Jahres die Leitung des Nationaltheaters in Brünn übernommen hatte, erklärte er „keine halben Sachen machen zu wollen“. Er wolle lieber die Anzahl der Vorführungen reduzieren, als vor halbleerem Saal zu spielen, so Glaser. Für die kommende Spielsaison kündigte er Sparmaßnahmen „an allen Fronten“ an.
Nun beschloss die Theaterführung, die beiden Festivals „Trialog“ und „Redfest“ vom Spielplan zu streichen. Mit der Veranstaltungsreihe „Trialog“ verliert die Stadt eines ihrer traditionsreichsten Kulturereignisse. Seit 1993 brachte das Festival jährlich neue Inszenierungen aus Bratislava, Ostrava und Prag nach Brünn. Damit wollte das Brünner Nationaltheater den Zuschauern zeigen, dass die Trennung des Landes der Kreativität in der Theaterszene keinen Abbruch tat. Beim Publikum erfreute sich „Trialog“ großer Beliebtheit.
Das „Redfest“ präsentierte seit acht Jahren kleinere Produktionen tschechischer Theaterhäuser. Mit dem Fokus auf den Werken Franz Kafkas ist es im Oktober zum letzten Mal über die Bühne des „Divadlo Reduta“ gegangen.
Die Gründe für die Streichung seien rein ökonomisch. Zwar könnten derartige Veranstaltungen nie „merklich profitabel“ sein, aber sie sollten auch keine langfristigen Verluste bringen, begründete Theaterdirektor Glaser den Schritt. „Wir haben in der Regel mehrere Hunderttausend Kronen verloren, je nachdem wie breit das Programmangebot des Redfests gerade war. Das Festival Trialog war im Fall von Gastspielen aus Prag und Bratislava selbsttragend, bei den Gastspielen aus Ostrava ging es um Verluste in Höhe von Zehntausenden Kronen.“
Das Theater werde sich daher nur auf Produktionen konzentrieren, für die genügend Geld zur Verfügung stünde und deren Qualität gewährleistet werden könne. Schließlich sei es das Ziel jedes Theaters, vor vollem Haus zu spielen, so Glaser.
Plattform für viele Genres
Bereits in der vergangenen Spielzeit sank die Zahl der Vorstellungen von 692 auf 622. Zugleich kamen 2.000 Besucher mehr als im Vorjahr und die Einnahmen des Theaters stiegen um 1,8 Millionen Kronen (etwa 65.000 Euro).
Die Theaterleitung bemühe sich nun, in Zukunft neue innovative Wege einzuschlagen. „Wir wollen nicht auf zu vielen Hochzeiten tanzen und uns lieber auf bestimmte Schlüsselaktivitäten konzentrieren. Die Zusammenarbeit mit anderen nationalen Bühnen setzen wir in einem anderen Rahmen fort“, erklärt Glaser.
Die Lücke, die „Trialog“ und „Redfest“ hinterlassen, soll vor allem durch das internationale Theaterfestival „Divadelní svět Brno“ ausgefüllt werden. „Wir wollen diesem Festival eine neue, langfristig sichtbare Konzeption zu geben. Es soll als Plattform aller Gattungen des zeitgenössischen progressiven Theaters dienen und sowohl großen Schauspielhäusern als auch kleineren Studios eine Bühne geben.“ Zudem verhandle das Brünner Nationaltheater mit Ensembles anderer Häuser über regelmäßige Auftritte in der südmährischen Großstadt.
Den Zuschauern will Glaser damit die Möglichkeit geben, sich besser in der Welt des zeitgenössischen Theaters orientieren zu können. „Uns ist wichtig, Inszenierungen umzusetzen, die das Publikum ansprechen und es zum Besuch unseres Theaters bewegen. Es hat für uns keinen Sinn, Veranstaltungen nur um ihrer selbst willen fortzusetzen.“
„Markus von Liberec“
Geheimes oder Geheimnistuerei?