Drei Abgänge und ein Spitzenduo
Nach der Hinrunde der Gambrinus-Liga zeigt sich das zu erwartende Bild: Sparta und Pilsen liegen weit vor der Konkurrenz
5. 12. 2013 - Text: Stefan WelzelText: Stefan Welzel; Foto: M. Horák
Zwar findet die Fußball-Weltmeisterschaft ohne tschechische Beteiligung statt, trotzdem wirft sie hierzulande bereits einen kleinen Schatten voraus. Und sei es auch nur in der Form, dass sich die Gambrinus-Liga im Dezember aufgrund einer zeitlich verkürzten Saison mit bereits 16 absolvierten Spieltagen anstatt deren 15 in die Winterpause verabschiedete. Ab Ende Februar werden dann die restlichen 14 ausgetragen, und es würde schon sehr erstaunen, wenn im Mai ein anderes Team als Sparta Prag oder Viktoria Pilsen den Meisterpokal in die Höhe stemmte. Eines kann man bereits jetzt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sagen: Es drohen „spanische Verhältnisse“.
Die Tabelle zeigt in den letzten Jahren (mit leichten Korrekturen und wenigen Ausnahmen) stets das gleiche Bild: Sparta Prag und Viktoria Pilsen kämpfen um den Titel. Der Rest muss schauen, wenigstens ein Wörtchen um die restlichen beiden internationalen Plätze mitreden zu können. Einzig Slovan Liberec durchbrach in der Saison 2011/12 überraschend und auch etwas glücklich diese Dominanz.
Zum Abschluss der Hinrunde zementierten sich die Stärke-Verhältnisse. Rekordmeister Sparta ließ sich in Jablonec auch von garstigen äußeren Bedingungen mit Temperaturen unter dem Gefrierpunkt nicht irritieren und siegte beim amtierenden Pokalsieger mit 3:2. In einer abwechslungsreichen Partie brachte Sparta-Kapitän David Lafata seine Mannschaft schon in der vierten Minute in Führung. Ausgerechnet Lafata, der zum ersten Mal im Sparta-Dress an seine frühere Wirkungsstätte zurückkehrte. Wie heutzutage so oft praktiziert, jubelte der 32-jährige Nationalstürmer aus Rücksicht auf die alten Weggefährten und Fans eher verhalten und mit entschuldigender Geste. Wenig versöhnlich gab sich Jablonec-Trainer Roman Skuhravý. „Das heutige Spiel war ein Spiegelbild der Saison. Wir haben uns einmal mehr selbst geschlagen. Da drehen wir spektakulär das Spiel und verlieren am Ende doch. Ich bin sehr enttäuscht“, so der 38-jährige Coach. Jablonec gelang durch Vojtěch Kubista und Ondřej Vaněk von der 15. bis zur 25. Minute die Wende und hatte den Spitzenreiter phasenweise erstaunlich gut im Griff.
Gänsehaut in Jablonec
Doch Sparta wäre nicht souveräner Tabellenführer, wenn sich seine Qualitäten in entscheidenden Augenblicken, wenn auch mit etwas Glück, nicht durchsetzen würden. Genau dafür steht Routinier Lafata. „Positiv ist, dass wir ein schwieriges Spiel gewinnen konnten. Wir haben die drei Punkte“, so der Kapitän, der sich auch über die Sympathiebekundungen von den Jablonecer Tribünen freute. „Dass die Leute mir hier so viel Beifall spenden, verursachte schon Gänsehaut.“
Eine traurige Nachricht war dann doch noch aus dem Sparta-Lager zu vernehmen. Am Montag, nur zwei Tage nach dem Sieg, verkündete der erst im Sommer zu den Hauptstädtern gewechselte Ex-Nationalspieler Tomáš Ujfaluší seinen Rücktritt. Der Abwehrspieler, der in seiner langen und erfolgreichen Karriere unter anderem auch für den Hamburger SV auflief, entschied aus Rücksicht auf seine Gesundheit, die Fußballschuhe an den Nagel zu hängen. Anhaltende Knieprobleme machten dem 35-Jährigen zuletzt immer größere Probleme, sodass ein Fortführen der Karriere nicht mehr sinnvoll erschien.
Am Abend zuvor musste sich auch das Pilsener Publikum von einem erfolgreichen Publikumsliebling verabschieden. Trainer Pavel Vrba, der Mann, der den Verein aus der tschechischen Mittel- in die internationale Königsklasse hievte, verlässt die Westböhmen, um ab kommendem Jahr das Nationalteam zu betreuen. Zum Abschluss schenkte ihm sein Team noch einen ungefährdeten Sieg gegen Příbram. Pavel Horváth mit einem schönen Kopfballtreffer und der Ex-Augsburger Milan Petržela sorgten bereits vor der Pause für den 2:0-Endstand. „Über fünf Jahre hat sich so vieles, vom Kader über das Stadion bis zur wirtschaftlichen Situation, zum Besseren verändert. Und ich bin sehr froh und stolz, meinen Beitrag dazu geleistet zu haben. Die Trennung fällt mir schwer, aber für mich wurde es Zeit, eine neue Herausforderung anzunehmen“, teilte der bald 50-jährige Mährer nach der Partie auf der Pressekonferenz mit. Es gab von seiner Seite durchaus die Befürchtung, die Fans würden den Abgang im Stadion mit Pfiffen quittieren. Die Bedenken waren unbegründet. Der Großteil der Pilsener Anhänger weiß, was der Klub Vrba zu verdanken hat. Nächsten Dienstag steht mit dem Champions-League-Spiel gegen ZSKA Moskau das allerletzte Spiel unter der Regie Vrbas an. Mit einem Sieg könnte man sich noch für die K.o.-Phase der Europa League im Frühjahr qualifizieren.
Kandidat Zeman
Wie und vor allem mit wem an der Seitenlinie sich Viktoria Pilsen in der Rückrunde zum Angriff auf die von Sparta gehaltene Spitzenposition blasen wird, ist die zur Zeit spannendste Frage im tschechischen Vereinsfußball. Heiß gehandelt wird die 66-jährige Trainerlegende Zdeněk Zeman, die in ihrer Laufbahn vor allem italienische, aber noch nie eine tschechische Profimannschaft betreute.
Viktorias Rückstand auf Sparta beträgt fünf Punkte. Angesichts der Tatsache, dass die Mannschaft unter Umständen auch im Frühling international vertreten sein wird, dürfte es schwierig werden, diese Lücke zu schließen. Allerdings verspielte Sparta in den vergangenen Jahren des Öfteren eine ähnlich günstige Ausgangslage.
Hinter den beiden Titelaspiranten klafft punkte- wie leistungsmäßig ein großes Loch. Auf dem dritten Rang folgt Teplice, das gegenüber Pilsen bereits neun Zähler weniger aufweist. Ein wenig dahinter erscheint mit Mladá Boleslav, Liberec und Jablonec dasjenige Trio auf den Plätzen fünf bis sieben, mit dem man auf den Verfolgerrängen rechnen konnte.
Erzrivale im Tief
Im Keller der Liga finden sich die üblichen Verdächtigen. Der mährische Traditionsverein Baník Ostrava (Rang 15) schafft es seit Jahren nicht mehr, sich der permanenten Abstiegsgefahr zu entwinden. Ansonsten dürfte in jenen Gefilden für Spannung gesorgt sein. Zwischen dem Neunten Olomouc und dem Letzten, den Bohemians 1905 aus Prag, liegen nur drei Punkte. Mittendrin im Schlamassel steckt auch Slavia Prag. Der Verein, der als der große Erzrivale von Sparta für die Herausforderer-Rolle prädestiniert wäre, dümpelt ebenfalls seit ein paar Spielzeiten in den Niederungen der Tabelle herum (zur Zeit Rang 11). Immerhin schaffte man es am Montagabend mit einem 2:1-Heimsieg gegen Liberec, das Tabellenende zu verlassen.
Auch die Rot-Weißen haben einen gewichtigen Abgang zu vermelden. Mit Kapitän Karol Kisel (36) beendete einer der wenigen, die in der Hinrunde ansprechende Leistungen boten, ebenfalls seine Karriere. „Immerhin haben wir nun die rote Laterne abgegeben; das ist ganz wichtig. Wer weiß, was vor allem von Seiten der Medien den ganzen Winter über auf den Verein eingeprasselt wäre, hätten wir das nicht bewerkstelligt“, so der erleichterte Kisel. Ob Slavia diesen psychologisch wichtigen Sieg und den Schwung in die Rückrunde mitnehmen kann, erfährt der Interessierte ab dem 22. Februar. Dank Brasilien nimmt die Meisterschaft ihren Betrieb so früh wie selten wieder auf.
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