Durchwachsene Bilanz
Tschechische Wintersportler schonen sich für Olympia – nur Snowboarderin Ledecká lässt im Weltcup aufhorchen
22. 1. 2014 - Text: Stefan WelzelText: Stefan Welzel; Foto: biathlon.com
Es sind stets die gleichen Mechanismen, die sich kurz vor einem sportlichen Großereignis bemerkbar machen: Zahlreiche Medaillen- und Sieganwärter halten sich in den regulären Wettkämpfen vornehm zurück, um sich in Ruhe auf den Höhepunkt der Saison vorzubereiten. Der heißt in diesem Winter Sotschi. Ab dem 8. Februar wird am Schwarzen Meer in 98 Wettbewerben um olympisches Edelmetall gekämpft.
Trotz weltweit heiß laufender Diskussionen um die Standortvergabe und vor allem die umstrittenen Vorgänge rund um die Erstellung der olympischen Sportstätten – die Athleten befinden sich im Endspurt ihrer persönlichen Vorbereitung. Nicht wenige schotten sich komplett ab und setzen den Tunnelblick auf. Der Formanstieg muss jetzt in die entscheidende Phase kommen, auch derjenige der ambitionierten tschechischen Medaillenhoffnungen. Und diese sind so breit gestreut wie selten in der Geschichte des Landes.
Womit man in diesem Winter nicht rechnete, sind die erfreulichen Resultate der jungen Biathletin Gabriela Soukalová. Bis zur vergangenen Woche führte sie sogar die Gesamtweltcup-Wertung an. Einen solchen Quantensprung ganz an die Spitze trauten ihr auch die optimistischsten Experten (noch) nicht zu. Nun war sie im italienischen Antholz, der letzten Weltcup-Station vor Sotschi, nur einmal am Start. Dies war jedoch kein Kalkül, um Kräfte zu schonen und die Konzentration auf Olympia zu lenken. Sie wurde beim Sprint am Donnerstag disqualifiziert.
Die 24-Jährige musste während des Wettkampfes auf ihr Ersatzgewehr zurückgreifen, kam damit nicht zurecht und provozierte beim Schießen einen Regelverstoß. Zu diesem Zeitpunkt lag sie aufgrund der Probleme mit ihrer Standardwaffe allerdings schon weit zurück. „Ich wollte das Rennen nicht aufgeben und kämpfen. Es war ein furchtbares Gefühl, so hilflos zu sein“, rang Soukalová nach dem missglückten Wettkampf mit den Tränen. Ihr Trainer Ondřej Fischer relativierte das Malheur und richtete seinen Blick bereits in die Zukunft: „Immerhin geschah das jetzt und nicht bei Olympia, das wäre ja viel schlimmer.“ Soukalová musste beim Verfolgungsrennen am Samstag zuschauen und konnte aufgrund zu starken Nebels auch am Sonntag nicht zur Mixed-Staffel antreten – das Rennen wurde abgesagt. Wenigstens kann sie nun ausgeruht die kommenden wichtigen Trainingseinheiten angehen.
In diesen befindet sich bereits Langlauf-Oldie Lukáš Bauer. Er verzichtete wie viele andere Topathleten auf einen Start beim Weltcup-Rennen im polnischen Szklarska Poręba. Dem Sieger des Gesamtweltcups 2007/08 geht es nur noch um Olympia. Dem 36-jährigen Routinier fehlt bislang noch eine goldene Medaille bei einem Großanlass. Nach dem Achtungserfolg beim Saisonauftakt im finnischen Kuusamo im November über zehn Kilometer klassisch, als Bauer überraschend gewann, ist mit dem erfahrenen Mann aus dem Erzgebirge zu rechnen. Im südtirolischen Toblach steht am ersten Februarwochenende noch ein Weltcuprennen an. Es ist aber anzunehmen, dass es Taktikfuchs Bauer dort gemütlich angehen lässt.
Ganz anders verlief das vergangene Weltcup-Wochenende für die Snowboarderin Ester Ledecká. Im slowenischen Rogla ließ sie zum ersten Mal in ihrer Karriere die gesamte Konkurrenz hinter sich. Sie gewann den Parallel-Riesenslalom im Finale gegen die Japanerin Takeuchi Tomoka. Nach den tollen Top-5-Platzierungen in den drei vorangegangenen Rennen folgte die Premiere auf der obersten Treppenstufe. Damit rückte sie im Gesamtweltcup auf Rang zwei. „Als ich all diese Resultate las, dachte ich zuerst, das können gar nicht meine sein. Ich bin sehr glücklich“, gab die unbeschwerte 18-Jährige nach dem Sieg zu Protokoll. Der Medienrummel dürfte nun ziemlich groß werden – keine optimalen Bedingungen für die Vorbereitungen auf Sotschi.
Snowboard-Jungtalent und Medaillenanwärterin Eva Samková setzt derweil auf Abstand. Im US-amerikanischen Aspen nimmt sie an den legendären X-Games teil. Riskieren möchte sie dort allerdings nicht viel und lässt es deshalb vorsichtig angehen. Zurückhaltung ist angesagt, denn Olympia ist auch für coole Freestyler einfach viel zu wichtig.
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