Edelmetall im Visier
Tschechiens Wintersportler gehen mit unterschiedlichen Ambitionen in die Olympia-Saison (Teil 2)
20. 11. 2013 - Text: Stefan WelzelText: sw/mh; Foto: Lukáš Bauer/APZ
Skilanglauf: Russen geben Auftrieb
„Das werden meine letzten Olympischen Spiele. In Pyeongchang 2018 bin ich dann als Trainer der südkoreanischen Mannschaft dabei.“ Lukáš Bauer ist kurz vor Saisonbeginn zu Scherzen aufgelegt. Dass er im Februar zum letzten Mal in seiner Karriere nach olympischen Medaillen greifen wird, kann man ihm aber glauben. Schließlich ist er mit seinen 36 Jahren einer der ältesten Skilangläufern im Weltcup. „Doch ich gehöre noch nicht zum alten Eisen. Das will ich allen zeigen, vor allem den notorischen Schwarzsehern.“
Dass viele Experten den Weltcup-Gewinner von 2008 bereits abgeschrieben haben, liegt vor allem an der zurückliegenden Saison. Sein bestes Ergebnis im Weltcup war ein vierter Platz, bei der WM in Val di Fiemme lief er seinen eigenen Ansprüchen hinterher. Im Gesamtweltcup belegte Bauer den zwölften Rang. Warum soll es in dieser Saison besser laufen? „Weil ich mich darauf seit zwei Jahren zum ersten Mal ohne gesundheitliche Probleme vorbereitet habe“, lautet Bauers einfache Erklärung. Im April unterzog er sich einer Knieoperation. Nun läuft er wieder ohne Schmerzen. Im Sommer trainierte er gemeinsam mit russischen Athleten im sächsischen Oberwiesenthal, nur wenige Kilometer von seinem Heimatort Boží Dar entfernt. Vor allem das Training mit Alexander Legkov, dem Weltcup-Zweiten der vergangenen Saison, hat dem Tschechen neuen Auftrieb gegeben. „Das sind Dinge, die mich motivieren und mir auch die Augen etwas geöffnet haben“, meint Bauer.
Derzeit bereitet er sich mit Jiří Magál, Aleš Razým und anderen Mannschaftskollegen im finnischen Muonio auf den Saisonauftakt am 29. November in Kuusamo vor. Doch weder der Weltcup, noch die Tour de Ski – die er bereits zweimal gewonnen hat, noch die Weltcup-Rennen im mährischen Nové Město (11./12. Januar) spielen für Bauer eine große Rolle. Der Fokus liegt klar auf Olympia. Im Kaukasus will er seine Medaillensammlung ergänzen, am liebsten um die Farbe, die ihm noch fehlt. Eine Goldmedaille auf seiner Paradestrecke, den 15 Kilometern im klassischen Stil, wäre die Krönung einer glanzvollen Karriere. Und wer weiß, ob er in diesem Fall nicht sogar ein Angebot aus Südkorea bekäme. (mh)
Snowboard: Starke Frauen
Die Snowboard-Disziplinen sind ihren Kinderschuhen entwachsen und finden vor allem bei jüngeren Wintersportfans hohe Beachtung. Besonders bei den etwas „cooleren“ Freestyle-Wettbewerben in der Halfpipe und im Slopestyle (eine Art Schanzen- und Hindernisparcours) steigt der Grad des Spektakels und erfährt dabei – ähnlich wie beim Eiskunstlauf – eine starke ästhetische Komponente. Auf diese Saison hin gab es im olympischen Programm eine Neuerung: Auch im Slopestyle darf nun um Medaillen gekämpft werden.
Das freut besonders die erst 23-jährige Freestylerin Šárka Pančochová. Vor zwei Jahren gewann die Mährerin bei den Weltmeisterschaften im spanischen La Molina die Silbermedaille. 2010 hatte sie in der Halfpipe ihren bisher ersten und einzigen Sieg im Weltcup gefeiert. Ende vergangener Saison kam ein zweiter Rang (im Slopestyle) bei den renommierten „X-Games“ in Aspen (USA) hinzu. Danach richtete Pančochová ihren Fokus bereits auf Sotschi 2014. „Dieses Ergebnis ist eine große Motivation für mich, so gut darf es auch bei Olympia laufen“. In den Renndisziplinen verfügt der tschechische Verband im Snowboard-Cross über zwei weitere Athleten, die mit hohen Ambitionen in die Saison gehen. Michal Novotný ist mit seinen 32 Jahren so etwas wie der Opa im Team. Für den amtierenden Landesmeister spricht seine Routine und der Fakt, dass in seiner Paradedisziplin immer viel passieren kann – im Positiven wie im Negativen. Die vergangene Saison war für den Prager eine Enttäuschung, sprangen doch nur ein paar wenige Top-Ten-Platzierungen heraus.
Ganz anderes erhofft man sich von Jungstar Eva Samková. Die von dem Getränkehersteller mit dem roten Bullen im Logo gehypte 20-Jährige gilt als eines der größten Talente der Szene. Die Juniorenweltmeisterin gewann Mitte Januar 2013 ihr erstes Weltcup-Rennen und belegte danach regelmäßig Spitzenpositionen. Sie muss man für Sotschi weit oben auf dem Zettel der größten tschechischen Edelmetallhoffnungen haben. Für die Snowboarder beginnt die Saison erst Anfang Dezember im österreichischen Montafon. (sw)
Skispringen: Jungtalent fordert Etablierte
Eine der spektakulärsten Disziplinen des Wintersports ist zweifellos das Skispringen – und gleichzeitig eine derjenigen, in denen die Form der Athleten enorm schwankt. Nur einige wenige halten sich über einen längeren Zeitraum konstant an der Spitze. Wie in den vergangenen Jahren wird auch in der Olympia-Saison kaum ein Weg an den starken Österreichern um Gregor Schlierenzauer vorbeiführen. Allerdings ist auch das tschechische Skisprung-Team gut aufgestellt.
Hinter den etablierten Kräften Jakub Janda, Jan Matura und Roman Koudelka drängt mit Čestmír Kožíšek ein hoffnungsvoller junger Springer ins Team. Er wird Athleten wie Lukáš Hlava oder Antonín Hájek sicher einheizen und mit eben jenen um den vierten Platz im Team-Springen und vor allem die Olympia-Qualifikation kämpfen. Im Sommer-Grand-Prix schaffte es der 22-Jährige auf einen beachtlichen sechsten Gesamtrang. „Die Olympischen Spiele sind einfach das Größte. Es wird ein harter interner Kampf um die vier Olympia-Plätze, aber vielleicht macht uns das auch als Team stärker“, schaut Kožíšek gespannt auf die Saison. Spitzenplätze belegte in jüngster Vergangenheit lediglich Jan Matura. In Sapporo gelang ihm im Januar dieses Jahres gar ein Weltcup-Doppelsieg. Allerdings ließen damals die besten Springer den Termin im fernen Osten sausen. Im Team-Springen schafften es die Tschechen in der Saison 2012/13 nie auf das Podest. In der Nationenwertung belegte man immerhin Platz sieben. Ein weiterer Höhepunkt neben Sotschi wird Ende März die Skiflug-Weltmeisterschaft in Harrachov sein. Den Saisonauftakt bestreiten die Springer am 22. November im sächsischen Klingenthal an der tschechischen Grenze. (sw)
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