Ein Rekord und eine Gala
Außer den Bohemians 1905 starten alle Prager Klubs mit Siegen in die Rückrunde der Synot Liga – Tabellenführer Pilsen deklassiert České Budějovice
26. 2. 2015 - Text: Stefan WelzelText: Stefan Welzel; Foto: Viktoria Plzeň/M. Sklála
Am Ende musste man ihn bemitleiden, den tapferen aber glücklosen Zdeněk Křížek. Obwohl der 32-Jährige seine Arbeit am vergangenen Samstagabend ganz ordentlich verrichtete, musste der Torwart des SK Dynamo České Budějovice gleich ein halbes Dutzend Gegentreffer hinnehmen. Dass die abstiegsgefährdeten Südböhmen beim Duell gegen den Tabellenersten Viktoria Pilsen die Rolle des Außenseiters einnehmen würden, war klar. Nur die enorm dominante Art, wie der Leader den Kontrahenten vorführte, überraschte dann doch etwas.
Pilsen verzückte dabei nicht nur die eigenen Fans im Stadion sowie den neutralen Beobachter – die Leistung durfte durchaus auch als Kampfansage an den großen Rivalen Sparta Prag verstanden werden. Der amtierende Meister musste in der Winterpause einige Abgänge von Leistungsträgern hinnehmen, kompensierte das aber unter anderem mit der Ausleihe von Nationalstürmer Václav Kadlec von Eintracht Frankfurt. Beim Montags-Spiel konterten die Hauptstädter Pilsens Vorlage mit einem überzeugenden 4:1 gegen den 1. FK Příbram. Ebenfalls erfolgreich ins Frühjahr starteten die beiden Prager Traditionsklubs Slavia und Dukla mit Auswärtssiegen in Liberec und Brünn. Einzig die Bohemians 1905 aus Vršovice schafften es nicht, mehr als einen Punkt im Kampf gegen den Abstieg zu sammeln. Die Grün-Weißen spielten gegen eine harmlose Elf aus Jihlava lediglich 0:0.
„Dass alle Tore von sechs verschiedenen Spielern erzielt wurden, unterstreicht die Stärke unserer Offensiv-Abteilung“, resümierte Pilsens Trainer Miroslav Koubek nach der Gala seines Teams. Unter die Torschützen reihte sich auch Neuzugang Aidin Mahmutović ein. Der 28-jährige Mittelstürmer kam vor anderthalb Monaten von Liga-Konkurrent Teplice zu den Westböhmen und integrierte sich bestens in den hochkarätig besetzten Kader. Der Bosnier verleiht Viktoria mit seiner Wendigkeit und seinen Tempoläufen ein weiteres unberechenbares Element und erzielte das 3:0 in der 53. Minute nach herrlicher Vorarbeit von Václav Pilař. Chefcoach Koubek blieb trotz der begeisternden Vorstellung seiner Elf nüchtern und ordnete den hohen Sieg lediglich als „zufriedenstellenden Beginn“ ein. „Es folgen noch deutlich schwerere Spiele als das gegen Budějovice.“
Erfolgreiche Rückkehr
Eines dieser Spiele wird zweifelsohne Anfang Mai gegen Meister Sparta Prag stattfinden. Bis dahin dürfen sich beide Titelanwärter keine Ausrutscher erlauben. Am Montagabend sah es für Sparta nach rund einer Stunde bereits nach einem ersten Dämpfer aus. Innenverteidiger Kadeřábek unterlief in der 37. Minute ein Eigentor, das Kapitän David Lafata zwar umgehend ausglich; die beiden Mannschaften gingen aber mit einem überraschenden Unentschieden in die Pause.
In der zweiten Halbzeit sorgte der eingewechselte Václav Kadlec für neuen Schwung. Der ausgeliehene Stürmer soll bei seinem Stammverein Sparta mehr Spielpraxis erhalten und mit Toren Selbstvertrauen tanken. Die Mission hat schon einmal gut angefangen: Der 22-Jährige sorgte mit seinen Treffern zum 2:1 und 4:1 für die Entscheidung. „So stellt man sich eine ideale Rückkehr vor, aber gleich zwei Treffer – damit konnte niemand rechnen“, freute sich der Doppelschütze nach dem Schlusspfiff. „Ich bin froh, dass wir die Vorlagen von Pilsen und auch von Jablonec gekontert haben“, so der neunfache Nationalstürmer.
Wie Kadlec werfen auch zahlreiche Experten ein Auge auf den stillen Verfolger im Windschatten des Spitzenduos. Der FC Baumit Jablonec deutete bereits im Herbst an, dass er über viel Potential verfügt. Beim schwierigen Auswärtsspiel gegen den 1. FC Slovácko schlug, wie bei Sparta, ebenfalls eine Leihgabe von internationalem Format ein: Valerijus Šabala ist lettischer Nationalspieler, steht in Belgien beim FC Brügge unter Vertrag und schoss seinen neuen Verein gleich in seiner ersten Partie zum Sieg. In der 38. und 55. Minute sorgte er für beide Tore, die Jablonec die Punkte 34 bis 36 einbrachten. Mit nur fünf Zählern Rückstand auf Pilsen und vier auf Sparta ist mit den Nordböhmen zu rechnen. Auf jeden Fall sind sie ein Kandidat für einen Platz im europäischen Geschäft.
Baroš im Formtief
Dorthin wollen auch Baník Ostrava und der FK Teplice. Im direkten Duell entschieden die Teplicer eine attraktive Begegnung dank eines Treffers von Jakub Hora mit 1:0. Der EM-Torschützenkönig von 2004 Milan Baroš vergab in der 64. Minute aus fünf Metern Distanz völlig freistehend den Ausgleich. Schon seit einiger Zeit sucht der 33-Jährige nach seiner Form, die ihn einst bei Top-Klubs wie Lyon, Liverpool oder Galatasaray Istanbul zu einem der gefährlichsten Angreifer des Kontinents machte.
Ein anderer Liga-Oldie schrieb am vergangenen Wochenende Liga-Geschichte. Torhüter Jaromír Blažek lief im Spiel seines FC Vysočina Jihlava gegen die Bohemians 1905 Prag als ältester Spieler in einem tschechischen beziehungsweise tschechoslowakischen Liga-Spiel aufs Feld. Mit 42 Jahren, einem Monat und 23 Tagen reihte er sich vor der Legende Josef „Pepi“ Bican ein, der in den fünfziger Jahren eine Woche jünger war, als er sein letztes Meisterschaftsspiel für Slavia Prag bestritt.
Blažek blieb ohne Gegentreffer, musste seine Fangkünste aber auch selten einsetzen. In einem Spiel, das in der Tat keinen Sieger verdiente, waren die Bohemians zwar das dominantere Team, richtig gefährlich wurde es vor Blažeks Tor allerdings nie. Nach einem ordentlichen Start in die Saison müssen sich die Prager nach dem 0:0 langsam aber sicher nach unten orientieren und schauen, nicht in die Abstiegszone zu rutschen.
Definitiv keine Sorgen um den Klassenerhalt müssen sich die anderen beiden Prager Erstligisten machen. Slavia und Dukla gewannen dank viel Kampfgeist und Effizienz gegen Slovan Liberec und Zbrojovka Brünn. Mit einem 3:1 (dreifacher Torschütze für Slavia war Milan Škoda) und 1:0 (Tomáš Berger traf für Dukla per Elfmeter) festigten die beiden Klubs im Gleichschritt ihren Platz im vorderen Mittelfeld der Tabelle. Mit einem Sieg in einer Woche beim Heimspiel gegen das an fünfter Stelle liegende Teplice kann Slavia sogar wieder an den UEFA-Pokal-Plätzen schnuppern.
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