Eine Hand wäscht die andere
Tschechiens Regierungschef Babiš will bei den Präsidentschaftswahlen für Zeman stimmen. Das Staatsoberhaupt hatte zuvor im Abgeordnetenhaus für die Minderheitsregierung von ANO geworben
11. 1. 2018 - Text: Marcus Hundt, Foto: Jiří Ovčáček
Der tschechische Premier Andrej Babiš sieht in Miloš Zeman eine „starke Persönlichkeit“. „Er ist ein Mensch, der für unsere nationalen Interessen kämpft, sich nicht fürchtet, klar seine Meinung über Brüssel und die Quoten zu sagen. Er ist stolz auf sein Land.“ Und deshalb wird Babiš bei der Präsidentschaftswahl auch dem Amtsinhaber seine Stimme geben.
Das erklärte der Premier einen Tag vor der Wahl auf einer schon vor anderthalb Wochen angekündigten Pressekonferenz. Mit seiner Wahlaussage gebe er nicht den Standpunkt von ANO wieder, lediglich seine persönliche Ansicht. Die Wähler seiner Partei hätten ihren „eigenen Kopf“ und bräuchten keine Ratschläge. Viele stellen sich die Frage, warum Babiš seine Entscheidung dann überhaupt öffentlich macht.
Am Vortag hatte Zeman in einer Rede in der unteren Parlamentskammer dem Regierungschef noch den Rücken gestärkt und für dessen Kabinett geworben. Eigentlich wollte die ANO-Minderheitsregierung kurz danach den Abgeordneten die Vertrauensfrage stellen. Die Abstimmung war am späten Abend allerdings auf den 16. Januar verschoben worden. Ein Ausschuss soll bis dahin entscheiden, ob er wegen des Verdachts auf Subventionsbetrug (Fall Storchennest) eine Aufhebung der parlamentarischen Immunität von Premier Babiš und Ano-Vizechef Jaroslav Faltýnek empfiehlt.
Zeman stellte klar, dass er Babiš im Fall einer Abstimmungsniederlage auch ein zweites Mal mit der Regierungsbildung beauftragen würde. Und diese gilt als wahrscheinlich, nachdem Vertreter aller Parteien – mit Ausnahme von ANO – erklärten, sie würden eine Minderheitsregierung nicht unterstützen. Zeman sagte allerdings auch, dass er Babiš nur dann erneut zum Premier ernennen würde, wenn dieser eine parlamentarische Mehrheit für seine Regierung nachweisen könnte. Kritiker – allen voran die Gegenkandidaten des amtierenden Präsidenten – erkennen in der Rede ein „wahltaktisches Verhalten“.
Von einem möglichen Babiš-Zeman-Pakt wollte der Premier auf der Pressekonferenz am Donnerstag nichts wissen. Stattdessen räumte er ein, dass der Präsident die Gesellschaft in den zurückliegenden fünf Jahren „polarisiert“ habe.
Im Januar 2013, kurz vor der Stichwahl zwischen Miloš Zeman und Karel Schwarzenberg, hatte der heutige Premier noch den einstigen Außenminister und TOP-09-Kandidaten unterstützt. Gegenüber der Zeitung „Hospodářské noviny“ sagte er damals, „Zeman würde die (…) mafiösen Machenschaften und die Korruption [des früheren Präsidenten Václav Klaus] fortführen“. Darauf angesprochen meinte er nun, dass er damals nicht ausreichend informiert gewesen sei. „Wir waren eine Bewegung, die die traditionellen Parteien kritisierte. Und da gab es die ČSSD und die ODS, die den Oppositionsvertrag geschlossen hatten – und das habe ich als Politanfänger kritisiert“, so Babiš wörtlich.
Keine der im Parlament vertretenen Parteien hatten einen eigenen Präsidentschaftskandidaten gestellt. Und nur wenige eine Empfehlung für die Wahlen am 12. und 13. Januar abgegeben. Allein die Christdemokraten (KDU-ČSL) und die Partei STAN unterstützen mit dem einstigen Vorsitzenden der Akademie der Wissenschaften Jiří Drahoš offiziell einen Bewerber um das höchste Amt im Staat. ODS und TOP 09 erklärten, sie wünschten sich, dass Zeman nicht wiedergewählt wird. Die einzige Partei, die den Amtsinhaber unterstützt, ist die rechtsextreme SPD von Tomio Okamura.
Sollte keiner der Kandidaten in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen die absolute Mehrheit erreichen, kommt es am 26. und 27. Januar zu einer Stichwahl der beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen.
„Wie 1938“
„Unterdurchschnittlich regiert“