Eine Zauberflöte, die nicht verzaubert
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Die Neuinszenierung von Mozarts Oper im Ständetheater enttäuscht trotz solidem Sologesang
11. 2. 2015 - Text: Friedrich GoedekingText: Friedrich Goedeking; Foto: H. Smejkalová/ND
Bekanntlich hat Wolfgang Amadeus Mozart mit der Uraufführung des Don Giovanni 1787 sowie weiteren Operninszenierungen das Prager Publikum derart begeistert, dass es ihn in einem Maße verehrte, wie er sich das von den Wienern vergeblich erhofft hatte. Mozarts Feststellung „Meine Prager verstehen mich“ unterstreicht, wie sehr er die Zuneigung in der Goldenen Stadt genossen hat. Dass die Prager bis in die Gegenwart hinein ihre Vorliebe für Mozarts Opern beibehalten haben, belegt ein kurzer Blick auf das Repertoire des Ständetheaters. Dort, wo Mozart vor über 200 Jahren selbst regelmäßig am Dirigentenpult stand, finden sich auch heute noch mehrere Werke des Genies aus Salzburg im Programm wieder. Nun folgte am vergangenen Donnerstag die Premiere einer Neuinszenierung der Zauberflöte unter der Regie von Vladimír Morávek.
Die letzte Interpretation des Werks in Prag, deren Premiere 1993 stattfand, wurde insgesamt 384 Mal aufgeführt. Dass der Inszenierung des 50-jährigen Morávek ein ähnlicher Erfolg beschieden sein wird, darf bezweifelt werden. Schuld daran ist vor allem die Idee des Regisseurs, einen trotteligen Mozart leibhaftig auf der Bühne auftreten zu lassen.
Gleich zu Beginn der Oper kletterte dieser „Amadeus“ mühsam vom Zuschauerraum auf die Bühne, ließ sich von zwei Dienern Drinks und Süßigkeiten servieren, um sich dann während der gesamten Aufführung auf der Bühne zu tummeln. Während Solo- und Chorgesänge in der deutschen Originalfassung gesungen wurden (mit tschechischen und englischen Übertiteln), wurden die Sprechtexte des Mozart auf Tschechisch vorgetragen. Die komödiantisch gemeinten Einlagen wirkten nur störend und hemmten den Ablauf der Handlung.
Ein leidiger Einfall
Morávek entlehnte die Figur und deren Verhaltensauffälligkeiten offensichtlich aus Miloš Formans legendärem „Amadeus“-Film. Als bekennender Fan des wohl berühmtesten tschechischen Regisseurs inszenierte Morávek am Brünner Theater gerade zwei Dramen, deren Stoff sich ebenfalls auf Motive aus Formans Mozart-Streifen berief. Mit der Inszenierung der Zauberflöte wollte er dem von ihm verehrten Filmemacher nun auch auf der Opernbühne huldigen – und vergriff sich dabei schwer.
Wer gehofft hatte, dass sich der Störenfried wenigstens während der Arien zurückhalten würde, wurde enttäuscht. Während der Sologesänge bestieg Mozart einen Stuhl oder eine wackelige Kommode und beteiligte sich mit wirren Gesten an der Darbietung. Da Orchester und Dirigent wie zur Barockzeit auf einer Ebene mit dem Zuschauerraum Platz genommen hatten, kam man in den zweifelhaften Genuss, zwei Dirigenten zu beobachten, wenn man denn das wilde Armwedeln des Mozart als Dirigieren bezeichnen will. Leider schien dieser leidige Einfall Moráveks auch die Leistung des Schauspielensembles zu beeinflussen. Nur mit Premieren-Lampenfieber lässt sich deren Fehler, sich gegenseitig mehrmals ins Wort zu fallen, als Mozart gerade die Bühne unsicher machte, nicht erklären. Da half anscheinend auch monatelanges Proben nicht.
Die farbenprächtigen Vorhänge, die den Bühnenraum unterteilten, sollten – wie auch die opulenten Kostüme – die Welt des Barock suggerieren. Auch hier handelt es sich um Anleihen aus Formans „Amadeus“-Film, die aber eben nicht zum Mozart-Klang und zur Mozart-Kunst des Rokoko passen. Von den Sängerinnen und Sängern bestach Jana Sibera mit einer virtuos vorgetragenen Arie der Königin der Nacht. Neben ihr gefiel Marie Fajtová als Pamina, während Jan Šťáva als Sarastro die erforderliche mächtige Bassstimme vermissen ließ.
Fazit: Im Unterschied zu Morávek hat Forman mit seinem Film „Amadeus“ Menschen für Mozarts Musik gewinnen können, die für Klassik sonst kaum Interesse hatten. Die neue Prager Inszenierung der „Zauberflöte“ hat dagegen mit der Idee, Mozart in der Gestalt eines hypernervösen Zappelphilipps auf die Bühne zu holen, die Liebhaber der Musik Mozarts vergrault. Und vom humanistischen Geist, den der Freimaurer Mozart mit dieser Oper zum Ausdruck bringen wollte, wonach Aufklärung, Vernunft und Liebe von Aberglaube und Willkür frei machen können, ist die Prager Inszenierung weit entfernt. Es soll aber nicht verschwiegen werden, dass das Premierenpublikum der Aufführung Beifall zollte. Ob aber Mozart selbst diese Inszenierung gefallen und seine Meinung „Meine Prager verstehen mich“ bestätigt hätte, darf zumindest stark bezweifelt werden.
Die Zauberflöte. Stavovské divadlo, Oper in zwei Aufzügen von Wolfgang Amadeus Mozart, Dauer: 165 Minuten mit einer Pause, nächste Vorstellungen: 15. & 27. Februar, 11. März, www.narodni-divadlo.cz
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