Eisige Leidenschaft
Im Februar 1929 wurden in Tschechien minus 42,2 Grad gemessen – Antonín Vojvodík will den Kälterekord überbieten
27. 1. 2016 - Text: Corinna AntonText: ca/čtk; Foto: APZ
Man nennt ihn auch den Frost-Jäger. Antonín Vojvodík ist Hobby-Meteorologe und hat einen großen Traum. Er möchte in Tschechien einen Ort finden, an dem das Thermometer ihm einmal im Leben weniger als minus 42,2 Grad Celsius anzeigt. So kalt war es am 11. Februar 1929 in Litvínovice bei České Budějovice. Die niedrigste Temperatur, die hierzulande je gemessen wurde.
Ende vergangener Woche war Vojvodík nahe dran an seinem Ziel. Bei Modrava im Böhmerwald waren es in der Nacht minus 35,3 Grad. Auch mehrere Messstationen in der Umgebung zeigten Werte unter minus 30 an – sie alle hat in den vergangenen 40 Jahren der Frost-Fan aus Vimperk aufgestellt. Auf Jagd nach Tiefsttemperaturen geht er aber mittlerweile nicht mehr nur im Böhmerwald. Mit Hilfe von Freunden hat er auch im Erzgebirge, im Isergebirge und im Gratzener Bergland Wetterstationen eingerichtet. „Wir sind immer einige Tage am Ort, um genau zu bestimmen, wo die Temperaturen die tiefsten Werte erreichen“, erklärt Vojvodík.
Seinen persönlichen Rekord erreichte er im Januar 1987, als eine seiner Stationen minus 41,6 Grad meldete. Zufrieden ist er aber erst, wenn es kälter wird als 1929: „Das ist immer eine große Enttäuschung, wie wenn man ein Spiel verliert“, sagt der 65-Jährige. Damit er eine Chance habe, müsse aus Nordosten arktische Luft nach Tschechien kommen. „Außerdem muss kurz davor viel Schnee gefallen sein. Tagsüber sollten die Temperaturen um minus 15 Grad liegen; dann ist noch wichtig, dass es aufklart und kein Wind weht.“
Immerhin, ein paar andere Rekorde hat er im Böhmerwald schon aufgestellt. Im Juni 2014 zum Beispiel zählte er 17 Frosttage, während die Menschen im Landesinneren große Hitze plagte. Den frostigsten Juli gab es 1990, als das Thermometer an 18 Tagen Minusgrade zeigte. Außergewöhnlich kalt war auch der 1. August 2013 mit minus 0,1 Grad am Morgen. Am Nachmittag dagegen kletterten die Temperaturen auf plus 30,2 Grad – ein frostig-tropischer Tag. „Das ist nur im Böhmerwald möglich“, glaubt Vojvodík, der nicht nur ein Frost-Fanatiker ist, sondern auch als Wegbereiter der Hobby-Meteorologie in Tschechien gilt.
Bis dahin war es allerdings ein weiter Weg. Es dauerte lange, bis professionelle Meteorologen ihn anerkannten. „Am Anfang glaubte mir niemand, dass es im Böhmerwald auch im Sommer gefriert.“ Im Jahr 1983 fand er heraus, dass es in Horská Kvilda von Mai bis September mehr Frosttage gab als auf dem Lomnický štít in der Slowakei, der mit über 2.600 Metern der dritthöchste Berg der Hohen Tatra ist. „Ich habe einen Artikel für eine Fachzeitschrift geschrieben. Danach haben mich die Fachleute dann langsam ernst genommen.“ Heute gelten seine Daten als offiziell. Auch die Profis vom Tschechischen Hydrometeorologischen Institut arbeiten damit.
Für Vojvodík ist das Wetter ein Hobby geblieben. Dennoch investiert er all seine Freizeit und oft auch seine Ersparnisse in seine Leidenschaft für kalte Tage. „Meine Frau hat sich daran gewöhnt“, erzählt er. „Ich habe gerade eine neue Wetterstation gebaut. Das hat mich 30.000 Kronen gekostet.“ Für die umgerechnet gut 1.000 Euro hätte er sich einen Urlaub in der Karibik leisten können, meint Vojvodík. „Aber was sollte ich dort überhaupt machen?“
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