Ende der „doofen Stimmung“

Ende der „doofen Stimmung“

Experten rechnen für dieses Jahr mit einem deutlichen Wirtschaftswachstum. Sorgen macht ihnen die Situation auf dem Arbeitsmarkt

9. 1. 2014 - Text: Martin NejezchlebaText: mn/čtk; Foto: Silke Kaiser/pixelio.de

Der tschechischen Wirtschaft steht ein erfolgreiches Jahr 2014 bevor. Das zumindest sagen die Analytiker bedeutender Consulting-Unternehmen und Banken voraus. In ihren Prognosen stützen sich die Wirtschaftsexperten dabei vor allem auf das angekündigte Ende der sparsamen Haushaltspolitik nach den Neuwahlen im Oktober, die kontroverse Herabstufung der Tschechischen Krone durch die Nationalbank sowie auf sinkende Energiepreise. Laut einer Umfrage der Meinungsforschungsagentur Ipsos blicken auch die Haushalte etwas positiver in die Zukunft als noch im Vorjahr.

Damit scheint jene Atmosphäre der Zurückhaltung überwunden, die Tschechiens Ex-Premier Petr Nečas (ODS) im Sommer 2012 als „doofe wirtschaftliche Stimmung“ bezeichnete. In den Medien hagelte es damals Spott – schließlich seien gerade die Steuererhöhungen der von Nečas geführten Mitte-Rechts-Regierung für den wirtschaftlichen Abschwung verantwortlich gewesen. Glaubt man dem Wirtschaftsanalysten der tschechischen Raiffeisenbank Michal Brožka, dann war die Kritik berechtigt. „Die tschechische Fiskalpolitik dürfte die Wirtschaftsleistung nicht mehr derart drosseln, wie es in den vergangenen zwei Jahren geschehen ist“, sagt Brožka mit Blick auf die Pläne der entstehenden Koalition von Sozialdemokraten, ANO 2011 und KDU-ČSL.

Nach zwei Jahren Rezession sagen die Analytiker ein Wirtschaftswachstum von bis zu 2,5 Prozent voraus. Einen entscheidenden Anteil daran könnte auch die umstrittene Devisenintervention haben, mit der die Notenbank ČNB Mitte November den Wechselkurs zum Euro von rund 25,8 auf aktuell knapp 27,4 Kronen gedrückt hat. Das bringt zwar höhere Verbraucherpreise, soll aber langfristig den Export ankurbeln, von dem die tschechische Wirtschaft in hohem Maße abhängt.

Vor voreiligen Schlüssen jedoch warnt der Analytiker des Kreditinstituts Komerční banka Jiří Škop. Die Kursschwächung durch die Zentralbank werde sich frühestens im zweiten Halbjahr des Jahres in den Wirtschaftsbilanzen niederschlagen – voll zur Geltung käme sie erst im kommenden Jahr.

Positiv sollen sich die erwartete Konsolidierung im Euroraum sowie ein möglicher globaler Aufschwung auswirken. „2014 erwarten wir ein Wachstum der weltweit wichtigsten Volkswirtschaften. Das ist von entscheidender Bedeutung für den tschechischen Markt“, sagt Raiffeisenbank-Analytiker Brožka.

Günstig dürfte sich auch die Senkung der Kosten für Strom und Erdgas auswirken. Nach jahrelangem Anstieg der Energiepreise kündigte das die Energieregulierungsbehörde (ERÚ) Ende vergangenen Jahres an. Demnach werden die Strompreise für Haushalte im Durchschnitt um 10,9 Prozent sinken, Großkunden können gar mit einer Vergünstigung um 12,2 Prozent rechnen. Einen positiven Einfluss versprechen sich die Analysten auch von der Ankündigung der neuen Regierungs­koalition, die Mehrwertsteuer 2014 stabil zu halten.

Als größtes Problem der tschechischen Wirtschaft bezeichnet Vladimír Pikora von der Consulting-Gesellschaft Next Finance die Situation auf dem Arbeitsmarkt. „Dort darf man keine Verbesserung erwarten. Die Statistiken zeigen eindeutig, dass es nur dann zu einem langfristigen Stellenaufbau kommt, wenn das jährliche Wirtschaftswachstum mehr als 3,5 Prozent beträgt.“ Pessimistische Prognosen gehen daher von einem Anstieg der Arbeitslosigkeit auf bis zu 8,1 Prozent aus.

Dennoch: Die Tschechen blicken, was ihre finanzielle Situation betrifft, etwas optimistischer in die Zukunft. Laut Ipsos-Umfrage geht nur noch jeder vierte Tscheche davon aus, dass sich seine wirtschaftliche Situation in diesem Jahr verschlechtern wird. Anfang 2013 war es noch jeder Dritte.

17 Prozent der Befragten hingegen erwarten, dass sie 2014 mehr verdienen und ihre Ersparnisse aufstocken können.