Erinnern an 1948
Hunderte gedenken der Opfer des Kommunismus – KSČM bekennt sich weiterhin zum „Siegreichen Februar“
2. 3. 2016 - Text: Marcus HundtText: mh/čtk; Foto: APZ
Mit zahlreichen Aktionen ist in der vergangenen Woche an die Machtübernahme der Kommunistischen Partei (KSČ) im Februar 1948 erinnert worden. In Prag zündeten hunderte Menschen auf der Burg, vor dem Senatsgebäude und auf dem Altstädter Ring Kerzen an. Regierungs- und Oppositionspolitiker riefen dazu auf, das in den Jahren 1948 bis 1989 begangene Unrecht dürfe nicht vergessen werden. Der Prager Erzbischof Dominik Kardinal Duka rief an der Gedenkstätte für die Opfer des Kommunismus zu einem Gebet auf und erinnerte an die Grundwerte, auf denen „unser christliches Europa“ beruhe.
Kulturminister Daniel Herman (KDU-ČSL) zog Parallelen zwischen den Ereignissen im Februar 1948 und der Gegenwart. „Auch heute sind wir nicht gefeit vor den Risiken bestimmter Angebote und vermeintlicher Lösungen. So wie der Nationalsozialismus hat auch der Kommunismus den Menschen versprochen, die Probleme der Bevölkerung zu lösen. Doch am Ende dieser Sackgassen standen zerrüttete Gesellschaften, verarmte Länder und Millionen Tote“, mahnte Herman.
Respekt für den Aufbau
Im Gegensatz dazu bedauerte die Kommunistische Partei (KSČM), dass der breiten Öffentlichkeit eine „ungenaue Interpretation der damaligen Ereignisse“ aufgezwungen und die politischen Veränderungen als Staatsstreich erklärt werden. „Die Glaubwürdigkeit der Tatsache, dass sich breite Gesellschaftsschichten an diesem Wandel beteiligt hatten, wird bestritten“, heißt es in einer Erklärung der größten Oppositionspartei im tschechischen Parlament. „Die KSČM bekennt sich zu den revolutionären Prinzipien im Februar 1948. Der Arbeit und Opferbereitschaft der Generation, die sich um den Aufbau des ersten Sozialismus verdient machte, zollt sie den höchsten Respekt.“ Zugleich äußert die Partei in dem Papier ihr „tiefes Bedauern“ gegenüber der „tragischen Deformation und den Defiziten“, die in der Folgezeit aufgetreten seien. Der Standpunkt der Partei zum sogenannten „Siegreichen Februar“ habe sich laut ihrem stellvertretenden Vorsitzenden Jiří Dolejš auch 68 Jahre danach nicht geändert.
Der Vizepräsident der oberen Parlamentskammer bezeichnete dieses Festhalten als „Irrsinn“. „Die Schamlosigkeit der Kommunisten (…) übersteigt die Grenzen des Erträglichen“, sagte Přemysl Sobotka (ODS). Die Erklärung sei seiner Meinung nach dem Fehler geschuldet, die Kommunistische Partei nach der Samtenen Revolution im Jahr 1989 nicht verboten zu haben. Ähnlich äußerten sich auch Vertreter der Vereinigung von ehemaligen politischen Gefangenen (KPV). Die Kommunisten müssten sich klar und deutlich für die schlimmen Taten entschuldigen, die sie in über 40 Jahren begangen hätten, erklärte der Opferverband in einer schriftlichen Mitteilung. Zwischen 1948 und 1989 waren etwa 250 Menschen aus politischen Gründen hingerichtet und über 200.000 zu Haftstrafen verurteilt worden. Etwa 4.500 von ihnen waren in Gefängnissen und Arbeitslagern ums Leben gekommen. „Solange sich die KSČM auf diesen Erfolg der KSČ beruft, sollte und darf für diese Partei in unserer demokratischen Republik kein Platz sein“, äußerte die Vorsitzende der KPV Naděžda Kavalírová.
Februarumsturz 1948
Anfang 1948 kam es zu einer Regierungskrise. Der kommunistische Innenminister wollte acht Prager Polizeifunktionäre durch Kommunisten ersetzen lassen. Als Folge traten die nicht-kommunistischen Regierungsmitglieder zurück – in der Hoffnung, damit Neuwahlen auszulösen. Gottwald nutzte die Situation aus, um die später als „Februarumsturz“ bezeichnete kommunistische Machtübernahme einzuleiten: Am 25. Februar 1948 billigte Staatspräsident Edvard Beneš Gottwalds Vorschlag, den Rücktritt der nicht-kommunistischen Minister anzunehmen und sie durch Kommunisten zu ersetzen. Unter anderem hatte Gottwald mit einem Generalstreik der Gewerkschaften und einem Einmarsch der Roten Armee gedroht. Es folgte die Verabschiedung einer neuen Verfassung durch das Parlament, der Rücktritt des Staatspräsidenten Beneš, der sich geweigert hatte, diese Verfassung zu unterzeichnen, und die Wahl Gottwalds zum neuen Staatspräsidenten am 14. Juni 1948. (PZ)
„Wie 1938“
„Unterdurchschnittlich regiert“