Fast fünf Prozent
Piraten, Grüne und einige Senatoren fordern die Abschaffung der Sperrklausel
28. 5. 2014 - Text: Corinna AntonText: ca/čtk; Foto: Eliška Wagnerová/SPČR
Die tschechischen Piraten haben gewonnen und doch verloren. Bei der Europawahl am vergangenen Wochenende erhielten sie 4,78 Prozent der Stimmen und damit gut zwei Prozent mehr als bei den Parlamentswahlen. Dennoch konnten sie keinen der 21 tschechischen Sitze im EU-Parlament erringen, weil sie die Fünfprozenthürde knapp verfehlten. Nach Bekanntwerden der Wahlergebnisse wurden zu Wochenbeginn Stimmen laut, die die Abschaffung der Hürde forderten – und zwar nicht nur seitens der Piratenpartei.
Die Piraten wollen erneut gegen die Sperrklausel klagen und die Ergebnisse der Europawahl vor dem Verfassungsgericht anfechten. Bereits im Februar hatten sie Beschwerde beim Verfassungsgericht eingelegt, eine Entscheidung steht noch aus. In ihrer neuen Beschwerde wollen die Piraten sich auch auf die Entscheidung des deutschen Bundesverfassungsgerichts beziehen, das die dortige Dreiprozenthürde drei Monate vor der Europawahl gekippt hatte. Der Chef der Piraten Ivan Bartoš erklärte, seine Partei habe die Unterstützung von mehr als einem Einundzwanzigstel der Wähler errungen, daher sollte sie auch einen Sitz bekommen.
Gemeinsam mit den Piraten wollen sich auch die Grünen, die bei der Wahl am Wochenende 3,77 Prozent der Stimmen erhalten hatten, beim Verfassungsgericht über die Sperrklausel beschweren. Außerdem will eine Gruppe von Senatoren um die ehemalige Verfassungsrichterin Eliška Wagnerová die Fünfprozenthürde bei Europawahlen abschaffen. Die Senatoren wollen dem Senat am Mittwoch einen Entwurf für eine entsprechende Änderung des Wahlgesetzes vorlegen. Darin wollen sie auch vorschlagen, die Hürde bei Kommunalwahlen auf drei Prozent zu senken, nur bei Parlamentswahlen soll sie weiterhin bei fünf Prozent liegen.
Die parteilose Senatorin Wagnerová erklärte, Grund für ihren Vorstoß seien nicht die aktuellen Wahlergebnisse einer Partei, vielmehr habe sie sich schon als Verfassungsrichterin für die Abschaffung der Fünfprozentklausel eingesetzt. Bei der Regierung dagegen fand der Vorstoß kein Verständnis. Für Premierminister Bohuslav Sobotka (ČSSD) hat das Quorum seine Logik, weil es eine Zersplitterung des Parlaments verhindere. Ähnlich äußerte sich Finanzminister und ANO-Chef Andrej Babiš. Er sagte im staatlichen Rundfunk, die tschechischen Abgeordneten sollten in Brüssel gemeinsam auftreten.
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