Für Freiheit und Solidarität
Die Stiftung von Dagmar und Václav Havel zeichnet den Philosophen Jan Sokol aus
13. 10. 2016 - Text: Stefan WelzelText: Stefan Welzel; Foto: Petr Janžura
In Zeiten von Krieg und Terror gehen rationale Stimmen oft unter. Umso wichtiger sind dann die Stimmen der Vernunft. Ein beharrlicher und besonnener Kommentator aktueller Entwicklungen ist der tschechische Philosoph, Hochschullehrer und Publizist Jan Sokol. Für sein langjähriges Engagement erhielt der Prager in der vergangenen Woche den „Vize-97-Preis“ der Stiftung von Dagmar und Václav Havel.
Die Witwe des ehemaligen Dichterpräsidenten überreichte Sokol den Preis am 5. Oktober, dem Geburtstag ihres 2011 verstorbenen Mannes. Sie würdige damit einen „bedeutenden Denker, dessen Arbeit den traditionellen Rahmen wissenschaftlicher Erkenntnis sprengt und zu ihrem allgemeinen Verständnis beiträgt“, wie die Stiftung bekanntgab. Seit 1999 ehrt sie jedes Jahr herausragende Denker, die sich mit grundlegenden Fragen der menschlichen Existenz auseinandersetzen. Der 80-jährige Sokol wurde besonders für seine Verdienste um den Erhalt der Meinungsfreiheit, die Entwicklung der Bildung sowie für seinen persönlichen Mut geehrt.
Sokol, der zu den ersten Unterzeichnern der Charta 77 gehört, beschäftigt sich in seiner Forschungsarbeit vor allem mit philosophischer Anthropologie. Derzeit macht er sich für einen verantwortungsvollen und humanen Umgang mit Flüchtlingen stark – und stößt dabei nicht bei all seinen Landsleute auf Verständnis. Vor rund einem Jahr gehörte Sokol zu den Ersten, die in einem „Aufruf der Wissenschaftler“ mehr Besonnenheit bei dem Thema forderten.
In diesem Zusammenhang sprach Sokol bei der Preisübergabe davon, wie „gefährlich es ist, jenen unsere Solidarität zu verweigern, die sie gerade brauchen. Denn es ist gut möglich, dass wir sie eines Tages auch benötigen.“ Er forderte damit auch mehr Kollegialität in der Europäischen Union.
Gerührt und bescheiden
In seiner Rede warnte Sokol zudem: „Unter dem Vorwand, die Sicherheit zu erhöhen und die Bevölkerung zu schützen, leidet oft die Freiheit. Wir müssen sie stets verteidigen und dürfen uns nicht von Politikern und ihrer Panikmache einschüchtern lassen.“
Laudator und Philosoph Zdeněk Pinc würdigte seinen Kollegen als eine Person, die „schwierige Dinge auf verständliche Art und Weise zu vermitteln weiß, und das in fünf Sprachen“. Es gäbe außerdem nicht viele ausländische Wissenschaftler, die von der Harvard-Universität als Gastdozenten eingeladen würden, so Pinc. Im Winter 2008/09 hatte Sokol im US-amerikanischen Cambridge Vorlesungen zu Menschenrechten und Ethik gehalten.
Sokol zeigte sich gerührt und bescheiden zugleich. „Dieser Preis reiht mich ein in eine Liste von Denkern, die ich sehr schätze und mit denen ich mich nicht gleichzusetzen wagte.“ Vor Sokol hatten unter anderem Zygmunt Bauman und Umberto Eco die Auszeichnung der Havel-Stiftung erhalten.
„Online-Medien sind Pioniere“
Kinderwunsch nicht nur zu Weihnachten