Gefährliche Fluten
Das Stadtmuseum dokumentiert die Geschichte des Hochwassers in Prag
29. 5. 2014 - Text: Annika NielsenText: Annika Nielsen; Foto: MHMP
Als eine Hochwasserwelle im August 2002 Prag heimsuchte, rechnete kaum jemand damit, dass diese zur wohl verheerendsten Naturkatastrophe des Landes der Neueren Geschichte führen sollte. Obwohl das Wasser in Prag immer wieder mal über das Ufer getreten ist, war niemand auf das immense Ausmaß der Überschwemmung vorbereitet. Auf bis zu 5.300 Kubikmeter pro Sekunde wurde der Durchfluss der Moldau geschätzt, normal sind um die 150. Damit kann von einer 500-Jahre-Flut gesprochen werden. Dieser und früheren Flutkatastrophen widmet das Museum der Hauptstadt Prag eine Ausstellung, die unter dem Titel „Historie povodní v Praze“ („Die Geschichte des Hochwassers in Prag“) läuft. Zu sehen ist vor allem beeindruckendes Bildmaterial, das Hochwasser-Katastrophen seit dem 18. Jahrhundert festhält.
Zu Beginn erfährt der Besucher anhand eines Exurses in fernere Zeiten, dass weitreichende und regelmäßige Überschwemmungen bis zur Neuzeit zum Alltag gehörten. Insbesondere als die Bewohner des Moldauufers noch nicht versuchten, das Gewässer zu zähmen, lebten sie in einem viel natürlicheren Verhältnis zum Fluss. Ein Verhältnis, das mit der zunehmenden Kontrolle durch Eindämmung verloren ging und Überflutungen zu unberechenbaren Katastrophen machte.
Als erste bildlich dargestellte Hochwasserwelle wird eine Eisflut im Jahr 1784 präsentiert. Eine besonders verheerende Art der Flut, da mitgeschwemmte Eisbrocken enormen Schaden anrichten können. Die Auswahl an Exponaten zu den Überschwemmungen im 19. Jahrhundert umfasst nebst Skizzen, Gemälden und Fotos auch Textdokumente wie zum Beispiel Evakuierungsanordnungen des Magistrats. Besonderen Eindruck machen aber die Fotografien, die unter anderem die Zerstörung der Karlsbrücke 1890 zeigen: Dabei brachen drei Brückenbogen ein. Die Reparatur dauerte zwei Jahre.
Der Flutkatastrophe von 2002 widmeten die Kuratoren den zweiten großen Ausstellungsraum. Vergleichend sind Aufnahmen der Hochwasser von 1940 sowie 2013 zu sehen. Hervorzuheben sind die eindrücklichen Vorher-Nachher-Fotos von vor rund zwölf Jahren, die dem Besucher wohl bekannte Plätze und Straßenzüge Prags unter Wasser zeigen und so das Ausmaß der Katastrophe vor Augen führen. Der Flusspegel stieg damals auf über sieben Meter an und setzte große Teile der Stadt unter Wasser, so zum Beispiel die Kleinseite, das Viertel Karlín oder den Prager Zoo. Der Gesamtschaden belief sich in ganz Tschechien auf 73,3 Milliarden Kronen (etwa 2,7 Milliarden Euro), zu beklagen gab es 17 Todesopfer. Ergänzt wird der Ausstellungsteil durch einen Film (nur auf Tschechisch), der das Prinzip und den Aufbau der mobilen Hochwasserschutzbarrieren erklärt, die 2013 größere Schäden verhindern konnten.
Die Dokumentation bleibt insgesamt sehr nüchtern – auf persönliche Reaktionen und Schicksale wird nicht eingegangen. Auch wer sich tiefere wissenschaftliche Analysen wünscht, sucht vergeblich. Genauere Erklärungen zur Entstehung der einzelnen Überschwemmungen, den unterschiedlichen Flutarten oder den ergriffenen Maßnahmen sind zwar vorhanden, doch die Informationen bleiben kurz und bündig. Im Fokus steht das umfassende Bildmaterial, welches einen Besuch aber allemal lohnenswert macht.
Die Geschichte des Hochwassers in Prag.
Muzeum hlavního města Prahy (Na Poříčí 52, Prag 8), geöffnet: täglich außer montags 9 bis 18 Uhr, Eintritt: 120 CZK (ermäßigt 50 CZK), bis 19. Oktober
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