Gegen den Strom

Gegen den Strom

Eine Wanderung zu den Wasserfällen der Weißen Oppa im Altvatergebirge

3. 6. 2015 - Text: PZText und Foto: PZ

Für die 16-Jährige Nancy ist es eine graue Gegend ohne Ausweg: „Hier ist no future, Tschernobyl, Sudeten, Altvatergebirge, Endstation für jede Buslinie und jeden Zug der Republik“, lässt der Schriftsteller Jaroslav Rudiš die Protagonistin seines Romans „Vom Ende des Punks in Helsinki“ im Jahr 1987 in ihr Tagebuch notieren.

Knapp 300 Kilometer östlich von Prag und gut 60 Kilometer nördlich von Olomouc gelegen, zählt das Altvatergebirge (Hrubý Jeseníky) knapp drei Jahrzehnte später noch immer nicht zu den Regionen in Tschechien, die von Touristen überlaufen werden. Doch wer Erholung, gute Luft und abenteuerliche Wanderwege sucht, für den ist die Gegend um den Altvater (Praděd) ein durchaus lohnenswertes Ausflugsziel. Neben den bekannten Wanderrouten rund um den Altvater, die höchste Erhebung Mährens, empfiehlt sich eine Tour entlang der Weißen Oppa (Bílá Opava).

Als Ausgangspunkt eignet sich der Kurort Karlova Studánka (Bad Karlsbrunn). Bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts trug der Ort den deutschen Namen Hinnewieder, weil die ersten Kurgäste aus Mangel an geeigneten Unterkünften meist an einem Tag an- und wieder abreisten. Sowohl der österreichische Erzherzog Maximilian II. Franz als auch Erzherzog Carl Ludwig, der jüngere Bruder von Kaiser Franz Joseph II., zählten zu den regelmäßigen Besuchern. Letzterem zu Ehren wurde der Ort 1803 in Bad Karlsbrunn umbenannt. Heute besteht die Gemeinde abgesehen von großen Klinik- und Bäderanlagen hauptsächlich aus Unterkünften und Pensionen, die mit ihren hübschen Fassaden zum Verweilen einladen.

Ob sich ein Abstecher in eine der einheimischen Konditoreien – zum Beispiel für eine kalorienreiche leckere Schaumrolle – vor dem steilen Aufstieg lohnt, bleibt jedem Wanderer selbst überlassen. Sportlich Motivierte werden für die knapp 20 Kilometer lange Tour, die an den Hütten Barborka und Ovčárna vorbei und über den Altvater zurück in den Kurort führt, eher Obst und ein paar Müsliriegel einpacken.

Von Karlova Studánka aus geht es zunächst an der Straße in Richtung Jeseník entlang bergauf. Der Weg ist mit gelben Markierungen gekennzeichnet. Etwa nach 500 Metern biegt er nach links in den Wald ab. Durch das Tal der Weißen Oppa verläuft er über Holzbrücken und -treppen bis zur Hütte Barborka. Sie wurde 1943 errichtet, fünf Jahre später wurde hier der Bergrettungsdienst Jeseníky gegründet. Heute lädt die Hütte zu einem deftigen Mittagessen ein und dient als Ausgangspunkt für Touren auf den Altvater sowie auf die Gipfel Vysoká hole (1.465 Meter) und Petrovy kameny (1.446 Meter).

Nächstes Ziel der Wanderung ist der bekannteste der drei Berge, der 1.491 Meter hohe Altvater. Die Spitze des Sende- und Aussichtsturms überragt sogar die 1.603 Meter hohe Schneekoppe im Riesengebirge, und bildet somit den höchsten Punkt des Landes. Von dort aus kann man bei gutem Wetter Teile Böhmens, Mährens und Schlesiens überblicken, bevor der etwa vier Kilometer langen Abstieg bis zur Hütte Ovčárna beginnt. Erweitert zum Hotel mit Wellnessbereich und Restaurant ist sie mittlerweile ein beliebter Übernachtungsort für Skitouristen geworden. Für hungrige Wanderer empfehlen sich die hausgemachten Blaubeerknödel als letzte Stärkung vor der Rückkehr nach Karlova Studánka. An der Kreuzung „Nad vodopády Bílé Opavy“ ist es ratsam, statt der gelben nun die gemütlichere blaue Route zu wählen, um die Gelenke zu schonen.

WISSENSWERTES ÜBER DAS ALTVATERGEBIRGE

Das Altvatergebirge, tschechisch Hrubý Jeseník, erstreckt sich über Teile Schlesiens und Nordmährens. Es gehört zur Gebirgskette der Sudeten und weist mit dem Praděd (Altvater) die höchste Erhebung Mährens auf. Westlich des Berges befindet sich das größte Pumpspeicherkraftwerk Tschechiens. Nach Norden schließt sich das Zuckmanteler Bergland an, dessen Ausläufer bei Głuchołazy polnisches Gebiet erreichen. Seinen Namen verdankt das Altvatergebirge einer Sage, derzufolge einst dem armen Hirten Jan ein alter Mann begegnet sein soll. Er bat den jungen Schäfer um sein bestes Tier und führte ihn zur Belohnung in einen geheimen Berg voller goldener Münzen. Jan solle sich so viel Geld nehmen, wie er bräuchte, allerdings dürfe er ausschließlich Münzen wählen. Da Jan dem Glanz eines goldenen Kerzenständers nicht widerstehen konnte, braute das Väterchen aus Zorn über den Ungehorsam ein unheimliches Gewitter zusammen. Der Berg schloss sich. Als Jan am nächsten Tag erwachte, fand er sich auf dem Gipfel eines neuen Berges wieder, des Altvaters. Aller Reichtum war verloren. 

Touren und Unterkünfte: www.navstivtejeseniky.cz/de

Chata Barborka: www.barborka-praded.cz

Karlova Studánka: www.kstudanka.cz/de

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