Gemeinsamer Kosmos
Internationales Künstlerprojekt bringt deutsch-tschechische Premiere nach Prag
23. 7. 2014 - Text: Franziska Neudert
Unter dem Motto „Meeting the Odyssey“ reisen Künstler aus verschiedenen Ländern Europas mit dem Segelschiff von der Ostsee bis zum Mittelmeer. Ihr Ziel ist es, Motive aus Homers „Odyssee“ mit aktuell wichtigen Themen für Europa zu verbinden und in einem beständigen Austausch mit der lokalen Bevölkerung kreativ aufzuarbeiten. Auf seiner dreijährigen Reise geht das Gemeinschaftsprojekt auch in Prag an Land. Bis 30. Juli stehen mehr als 30 Tanzaufführungen, Workshops, Konzerte und Veranstaltungen für Kinder auf dem Programm. Auf dem Spielplan der „Theater-Odyssee“ befinden sich auch drei Weltpremieren, darunter die deutsch-tschechische Kooperation „Sorcerer“, die der Hannoveraner Choreograf Felix Landerer und die Pragerin Lenka Vagnerová gemeinsam erarbeitet haben. PZ-Redakteurin Franziska Neudert sprach mit dem Tänzer über die Zusammenarbeit und darüber, wie eine Idee zur Performance gerinnt.
Herr Landerer, wie kam die Zusammenarbeit mit der tschechischen Choreografin Lenka Vagnerová zustande?
Felix Landerer: Lenka und ich kennen uns von früher. Ich war damals als Choreograf bei Norrdans in Schweden tätig und Lenka war meine Probenassistentin. Vor einem Jahr fragten mich Lenka und Šárka Pavelková, die Veranstalterin der „Theater-Odyssee“, ob ich an einer Kooperation interessiert wäre. Als sie mir von „Sorcerer“ und der Idee dahinter erzählten, habe ich sofort zugesagt.
Worum geht es in dem Stück?
Landerer: Es geht um die Manipulation durch Angst. Um die Frage, wie wir unsere Verhaltensweisen ändern, wenn wir mit unseren Ängsten konfrontiert werden und wer Nutzen daraus zieht. Wir werden schon immer durch unsere Ängste definiert und handeln dementsprechend. Das macht uns beeinflussbar und manipulierbar. Es ist zum Beispiel schwierig, sich einer Massenpanik zu entziehen, wenn man den Überblick über die Situation oder den Raum verliert. Man handelt dann instinktiv. Moral und Nächstenliebe verlieren in so einem Moment ihre Bedeutung. Man könnte sagen: Kreiere genug Angst und du kannst Menschen zu allem bewegen. Um solche Phänomene und Verhaltensweisen geht es in „Sorcerer“. Und vielleicht auch um die Frage, wie viel Kraft es bedarf, sich Ängsten zu stellen und ihnen zu widerstehen.
Wie hat sich die Zusammenarbeit gestaltet? Wie muss man sich das vorstellen, wie aus einer Idee eine Choreografie und schließlich die ganze Performance entsteht?
Landerer: Da das Thema von vornherein feststand, war die Frage, was uns an dunkler Magie und gedanklicher Manipulation eigentlich besonders interessiert. Wir kamen schnell auf den Zusammenhang mit der Angst beziehungsweise damit, dass sie schon immer eine, wenn nicht die größte treibende Kraft war, um Menschen negativ zu beeinflussen. Dann geht es um die Koordination zweier Choreografen und natürlich des gewählten Themas. Lenka und ich waren uns schnell einig, dass wir nicht einen zweiteiligen Abend machen, sondern dass wir unsere Arbeiten miteinander verweben wollen. Wir einigten uns auf einen gemeinsamen Komponisten, eine gemeinsame Bühnenbildnerin und eine gemeinsame Kostümbildnerin, um dem Stück mehrere gemeinsame Eben zu geben. Sozusagen ein gemeinsamer räumlicher und klanglicher Kosmos, in dem wir uns choreografisch finden und erfinden können. Wie aus der Idee dann Bewegungsmaterial und Szenen entstehen, werden wir erst kurz vor der Premiere sehen.
Divadelní Odysea, bis 30. Juli, Spielorte: Divadlo Hybernia, Divadlo bratří Formanů und im Zirkuszelt am Platz Palackého náměstí, Eintritt: 100–600 CZK, www.odysea.pro
Sorcerer, 28. und 29. Juli, Divadlo Hybernia, 21 Uhr, Eintritt: 500–600 CZK
Informationen zur Route von „Meeting the Odyssey“ unter ww.meetingtheodyssey.eu
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