Glosse

Parken für die Republik

Parken für die Republik

Am Kleinseitner Ring darf nicht mehr geparkt werden. Parlamentarier protestieren

24. 2. 2016 - Text: Corinna Anton

Die Kirche des Heiligen Nikolaus im Hintergrund, der Blick auf die Burg – der Kleinseitner Ring könnte so schön sein. Wäre er nicht ständig mit Autos zugeparkt, die ihn als Fotomotiv völlig untauglich werden lassen. Das zu ändern hat sich nun der erste Prager Stadtbezirk vorgenommen. Nicht nur den Touristen zuliebe. Sondern weil die Anwohner sich das sicher so wünschen, wie eine Sprecherin des Bezirks der Tageszeitung „Lidové noviny“ sagte. Die Kleinseitner seien bekannt dafür, dass sie sich gerne auf der Straße treffen; es wäre ausgezeichnet, wenn ihnen der Kleinseitner Ring (Malostranské náměstí) zu diesem Zweck dienen würde. Mehr als 1.000 Menschen haben angeblich eine Petition unterschrieben, die fordert, dass der Parkplatz verschwindet.

Doch die Empörung ist groß – und zwar bei denen, die den Parkplatz nutzen. Wie soll denn künftig noch Politik gemacht werden, ja wie soll die Republik überhaupt weiterhin bestehen, wenn die Parlamentarier nicht mehr auf dem Kleinseitner Ring parken dürfen? Besonders engagiert zeigte sich der Abgeordnete Roman Váňa. „Wir brauchen diesen Parkplatz einfach“, sagte er mit dem Hinweis: „Wir wissen nie, wann genau wir abends fertig sind, oft arbeiten wir auch bis in die Nacht.“ Es soll auch andere Berufe geben, in denen Menschen gelegentlich spätnachts oder frühmorgens nachhause kommen. Aber man muss zugeben, dass man keinem Abgeordneten zumuten kann, mit Krawatte und Anzug auf die nächste Nachttram zu warten, nachdem zum Beispiel ein gewisser Miroslav Kalousek mal wieder mehrere Stunden über die Glücksspielgesetze in fast allen europäischen Ländern geredet hat. Es wäre auch unverantwortlich den anderen Fahrgästen gegenüber. Wer weiß, wozu ein Abgeordneter nach einer solchen Debatte in der Lage ist?

Dem besorgten Váňa muss man zugute halten, dass er nur seinen Job macht. Er ist nämlich Chef des Sicherheitsausschusses – und als solcher gewiss auch für das nächtliche Wohl seiner Kollegen verantwortlich. Dass die sich wie der Pöbel mit den öffentlichen Verkehrsmitteln bewegen könnten, lehnt er ab. Und er hat noch ein weiteres Argument, das wohl auch die schärfsten Kritiker überzeugen wird. Mit all den Autos sei der Platz doch „schöner, sinnvoller und belebter“, zitieren tschechische Medien den Politiker. Ohne die parkenden Fahrzeuge könne er ihn sich nicht vorstellen. „Nach den Entwürfen, die ich gesehen habe, kommt mir der leere Platz hässlicher und unmenschlicher vor.“ Das stimmt natürlich. Dringend sollte man darüber nachdenken, auch am Altstädter Ring Parkplätze auszuweisen. Einmal rundum das Hus-Denkmal zum Beispiel. Und natürlich auf der Karlsbrücke. Die bräuchte auch ganz dringend Parkstreifen; am besten links und rechts, dann würde sie endlich Sinn ergeben. Fehlen nur noch ein paar abgestellte Fahrzeuge vor dem Veitsdom – und Prag würde so richtig was hermachen.