„Ich muss immer kämpfen“
Sophie Hunger kommt mit ihrem neuen Album nach Prag und erzählt von ihrer speziellen Beziehung zur tschechischen Hauptstadt
4. 11. 2015 - Text: Jan Nechanický, Foto: Benoît Peverelli, CC BY-SA 3.0
Die Schweizer Singer-Songwriterin Sophie Hunger tourt derzeit durch Europa. Halt macht sie wie gewohnt auch in Prag (Mittwoch, 4. November im Theater Archa), wo sie bereits vor sieben Jahren das tschechische Publikum bezauberte. Seitdem hat sich Hunger einen Namen als musikalisches Multitalent gemacht, aus der jungen Künstlerin ist ein Star geworden. Mit mehr als 250.000 verkauften Alben zählt sie zu den herausragendsten Interpreten in der alternativen Musikszene Europas. Hunger zeichnet sich unter anderem durch ihre mehrsprachigen Texte aus – sie singt auf Englisch, Französisch, Deutsch und Schweizerdeutsch. Die 32-Jährige stellt auf ihrer Tour ihr mittlerweile fünftes Album „Supermoon“ vor. Mit PZ-Redakteur Jan Nechanický sprach sie über ihren Erfolg in Tschechien, ihr Leben als Pop-Außenseiterin und wo sie in Prag am liebsten ein Bier trinkt.
Frau Hunger, Prag ist die einzige mittelosteuropäische Metropole, die Sie im Rahmen Ihrer Tour besuchen. Ihre Beziehung zur Stadt scheint etwas Besonderes zu sein.
Sophie Hunger: Tschechien war, abgesehen von Frankreich, die erste Auslandsstation meiner Karriere. Das war vor sieben Jahren, und zwar im Vorprogramm von Erik Truffaz. Danach sind wir fast jedes Jahr wiedergekommen; zunächst noch als Vorband, und dann irgendwann als Hauptact. Daraus ist eine Tradition geworden – ein Konzert in Prag gehört auf jeder meiner Touren zum festen Programm.
Sie singen in vier verschiedenen Sprachen, viel auf Deutsch und Schweizerdeutsch. Wie erklären Sie sich Ihren Erfolg in einem kleinen slawischen Land?
Hunger: Schwer zu sagen. Als Europäer ist man es gewohnt, viele andere Sprachen um sich herum zu haben. Man geht vielleicht gerade deshalb natürlicher mit Fremdsprachen um. Diesbezüglich funktionieren wir Kontinentaleuropäer anders als zum Beispiel die Amerikaner oder Engländer. Und in diesem Zusammenhang würde ich Tschechien und Prag als typisch europäisch bezeichnen.
Vor sieben Jahren waren Sie noch relativ unbekannt, inzwischen sind Sie ein Star. Wie hat sich Ihr Leben seither verändert? Und wie Ihre Musik?
Hunger: Ich habe mein Leben auf die Musik aufgebaut, trotzdem bleibt mein kommerzieller Erfolg bescheiden. Ich lebe von der Musik, bin aber – besonders im Pop-Geschäft – immer noch eine Außenseiterin. Von daher hat sich mein Leben nicht großartig verändert. Es fühlt sich gleich an wie früher, ich ziehe mein Ding durch. Und für die Klubs und Radiosender ist es nach wie vor nicht einfach, mich und meinen Stil einzuordnen. Am Anfang sagten sie, ich mache Rock. Aber ich würde mich nicht so eindeutig in einer Musikrichtung verorten. Fakt ist: Ich muss immer kämpfen, habe bisher nie den einfachen Erfolg erlebt, sondern musste immer hart dafür arbeiten. Ich spiele 150 Shows im Jahr, um zu überleben und um weiterzukommen.
Reflektieren Sie diese Lebensart und -erfahrungen, die Sie gerade beschrieben haben, auch in Ihren Liedern?
Hunger: Auf meinem neuen Album gibt es ein Lied, das den Titel „Queen drifter“ (frei übersetzt „Königin der Herumtreiber“/Anm.d.Red.) trägt. Darin reflektiere ich in der Tat ein bisschen über die Art und Weise, wie ich lebe. Ich beklage mich aber nicht darüber, dass ich immer unterwegs bin, sondern gebe mich als stolze Künstlerin und fühle mich stark dabei.
Welche musikalischen Entwicklungen der vergangenen Jahre waren die markantesten? Und gibt es Tendenzen oder sogar Ziele, auf die Sie sich zubewegen?
Hunger: Mein erstes Album war sehr akustisch. Die Musik darauf klang ziemlich verletzlich. Später habe ich mich darüber aufgeregt und angefangen, mehr Beats einzubauen. Es kam ein Schlagzeuger dazu und wir benutzten auch wieder elektrische Gitarren. Zurzeit kann ich aber nicht genau sagen, wie und wohin die musikalische Reise weitergeht.
Zurück nach Prag. Haben Sie einen bestimmten Lieblingsort, den Sie bei Ihren Aufenthalten gerne aufsuchen?
Hunger: Nach jeder Prager Show gehen wir in die Bar Bukowski’s in Žižkov. Wir waren nach meinem ersten Konzert dort und haben uns mit dem Barchef angefreundet. Seither weiß er, dass wir kommen, wenn wir hier sind. Ein Besuch dort gehört einfach dazu.
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