Innere Dämonen
Josef Bolfs Bilder in der Galerie „hunt kastner“ offenbaren düstere Kindheitserinnerungen
21. 1. 2015 - Text: Franziska NeudertText: Franziska Neudert; Bild: Josef Bolf/Galerie hunt kastner
Keine Hoffnung, nirgends. Die Bilder von Josef Bolf zeigen düstere Straßenzüge und einsame Menschen, die sich in trostlosen Betonlandschaften verlieren. Wer hier einen Funken Licht sucht, sucht vergeblich. Unter dem Titel „Schwerer Planet“ („Těžká planeta“) zeigt die Galerie „hunt kastner“ in Žižkov die Werke eines der wohl bedeutendsten zeitgenössischen Maler Tschechiens. Zu sehen sind Gemälde und Zeichnungen sowie ein Animationsfilm Bolfs, die eine Zeit thematisieren, an die sich der 43-Jährige nur ungern erinnert: seine Kindheit.
Aufgewachsen zur Zeit der Normalisierung in einer Plattenbausiedlung im Süden Prags, spiegeln seine Bilder vor allem ein Gefühl von Verlassenheit und Trauer wider. Das Leben, so scheinen die Pinselstriche Bolfs zu erzählen, gleicht einem ausweglosen Umherstreifen in einer verlorenen Welt.
Bolfs Hauptfiguren sind Kinder, die durch den übermächtigen Raum der Stadt irren. Gefangen auf dem schweren, unheilvollen Planeten, wirken sie wie Dämonen. Sie verfolgen ihren Schöpfer wie eine bedrückende Erinnerung.
Josef Bolf studierte von 1990 bis 1998 Zeichnung und Malerei an der Prager Akademie der Bildenden Künste. Während dieser Zeit schloss er sich der Künstlergruppe „Kopfloser Reiter“ („Bezhlavý jezdec“) an. Seinen Durchbruch feierte er 2008 mit seiner Ausstellung „We all give in“ in Brünn. Seitdem zählt sein schwermütiges Werk zu den Fixpunkten der einheimischen Kunstszene. 2010 wurde Bolf zur tschechischen Künstlerpersönlichkeit des Jahres gewählt.
Die Galerie „hunt kastner“ stellt Bolfs Arbeiten bereits zum wiederholten Male aus. 2006 von der Kanadierin Camille Hunt und ihrer US-amerikanischen Kollegin Katherine Kastner im Stadtteil Holešovice eröffnet, vermittelt der Ausstellungsraum tschechische Künstler ins Ausland. Im vorigen Jahr zog die kleine Galerie nach Žižkov um. In der Bořivoj-Straße können Besucher bis 14. Februar den schweren Planeten des Josef Bolf betreten, auf dem der Abgrund hinter nahezu jeder Ecke lauert.
Josef Bolf: Schwerer Planet. Galerie hunt kastner. (Bořivojova 85, Prag 3), geöffnet: dienstags bis freitags 13 bis 18 Uhr, samstags 14 bis 18 Uhr oder nach Vereinbarung, montags und sonntags geschlossen, Eintritt frei, bis 14. Februar, www.huntkastner.com
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