Journal (Ir)responsable
Das Prager DOX wagt eine Werkschau der Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“
18. 2. 2015 - Text: Josef FüllenbachText: Josef Füllebach; Foto: Charlie Hebdo
Das Zentrum für zeitgenössische Kunst DOX in Prag zeigt vom 28. Januar bis 9. März 2015 unter dem Titel „Journal (ir)responsable“ („Verantwortungslose/verantwortungsvolle Zeitschrift“) einen Querschnitt von Karikaturen, die seit Anfang der sechziger Jahre zunächst in der Pariser satirischen Zeitschrift „Hara-Kiri“ und ab Ende 1970 in dem Nachfolgeblatt „Charlie Hebdo“ erschienen sind. Damit ermöglicht es das DOX der Öffentlichkeit, sich selbst ein Bild zu machen von der satirischen Wochenzeitung, die seit dem Terroranschlag vom 7. Januar 2015 weltweit bekannt wurde und über deren drastischen Humor heftig gestritten wird – oft ohne eine klare Vorstellung vom Gegenstand der Auseinandersetzung.
Dass dieses Ausstellungsprojekt auch Risiken birgt, erkennt der Besucher schon wenn er sich dem Museum nähert. Der Eingangsbereich ist weiträumig abgesperrt, Sicherheitskräfte patrouillieren auf dem Bürgersteig. Drinnen sind auf dem Weg zur Werkschau zwei strenge Sicherheitskontrollen zu absolvieren. Das DOX hat sich dennoch für das Projekt entschieden und setzt damit ein Zeichen zur Verteidigung von Meinungs- und Kunstfreiheit in Europa.
Die Ausstellung zeigt vor allem Titelblätter der Satirezeitschrift (insgesamt knapp 180), ergänzend dazu einige Beispiele aus den Text- und Comicseiten. Den Schwerpunkt bilden Karikaturen aus den letzten zehn Jahren, in denen sich nach der Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen in Dänemark die Bedrohung der Pressefreiheit durch radikale Islamisten zuspitzte. Doch auch in dieser Zeit zielten Spott und Kritik von „Charlie Hebdo“ vor allem auf französische Politiker; besonders Sarkozy war und ist eine bevorzugte Zielscheibe ätzender Veralberung.
Daneben war auch die katholische Kirche mit Papst Benedikt XVI. an der Spitze deutlich öfter als Mohammed oder allgemein der Islam Gegenstand schonungsloser Karikaturen. Und noch etwas fällt bei der Betrachtung der Exponate auf: Die Zeichnungen sind provozierend, drastisch, böse, oft auch taktlos, rücksichtslos, aber eben auch witzig, treffsicher, bisweilen erhellend; stets spießen sie konkrete Ereignisse, Skandale, Heucheleien oder Missstände auf, greifen sie die Mächtigen an. Dass so manches Blatt des einen oder anderen Geschmack verletzt – das ist nun mal Geschmackssache.
Wie schrieb noch Tucholsky? „Übertreibt die Satire? Die Satire muss übertreiben und ist ihrem tiefsten Wesen nach ungerecht. Sie bläst die Wahrheit auf, damit sie deutlicher wird …“ Genau das bringt das DOX mit seinem Projekt zur Anschauung.
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