Kein Asyl im Pornoparadies
Das Gericht schickt die frühere Pornodarstellerin Anastasia Hagen zurück in die Ukraine. Jetzt hofft sie auf Duldung
7. 8. 2013 - Text: Nancy WaldmannText und Foto: Nancy Waldmann
Kein Grund für ein Asyl für Anastasia Hagen: Zu diesem Schluss kam, wie schon Gerichte vor ihm, das Oberste Verwaltungsgericht in Brünn am Mittwoch vergangener Woche. Verhandelt wurde die Frage, ob das Innenministerium den zweiten Asylantrag der früheren Pornodarstellerin aus der Ukraine im November 2012 hätte bewilligen müssen. Das in der Ukraine laufende Verfahren gegen Hagen wegen der Mitwirkung in pornografischen Filmen sei nicht als politische Verfolgung zu werten, zudem sei Hagen dort von der Polizei weder festgehalten noch belästigt worden.
Damit ist die Asylakte Hagen geschlossen. Der 27-jährigen Mutter dreier Kinder droht bei einer Rückkehr in ihr Heimatland eine Gefängnisstrafe von mehreren Jahren – weil sie in Pornofilmen mitspielte, die größtenteils in Tschechien gedreht wurden. Das Land ist für seine blühende Sexfilm-Industrie bekannt. Die Filme entstanden lange bevor die Ukraine im Jahr 2010 ein Pornografie-Verbot einführte. Hagen floh vor zweieinhalb Jahren mit Ehemann und Kindern nach Tschechien.
Nun gab ihr das Brünner Gericht 30 Tage, um Tschechien zu verlassen. Hagen fürchtet, dass man ihr in der Ukraine die Kinder wegnimmt. Sie ist überzeugt, dass die Polizei sie ins Visier nimmt, sobald sie wieder ukrainischen Boden betritt. „Vor kurzem erst haben sie meinen Vater wegen der Sache vorgeladen“, sagt Hagen gegenüber der „Prager Zeitung“.
Hoffen auf Kulanz
Sie hat Glück im Unglück, ihre Geschichte ging Ende vergangenen Jahres durch die Medien und weckte die Solidarität vieler Menschen, selbst der Kirchen. „Die Frau hat sich so sehr bemüht, sie lernt Tschechisch. Sie sollte bleiben dürfen“, sagt Václav Vacek, ein katholischer Pfarrer, der sich öffentlich für Hagen stark machte. Die Idee eines möglichen Schutzes durch die Kirchen für die Familie Hagen scheint indes wieder vom Tisch. Kirchenasyl gäbe es seit langem nicht mehr. „Unsere Bischöfe fürchten die Mächtigen und bemühen sich zu wenig um die Hilfsbedürftigen“, sagt Vacek. Vielleicht braucht Hagen die Kirche nicht. Seit dem Urteil vor einer Woche gingen auf einem Bankkonto der Hilfsorganisation „Berkat“ zehntausende Kronen ein. Davon konnte Hagen endlich die für Nicht-EU-Bürger sehr teure private Krankenversicherung für sich und die Kinder abschließen – eine Voraussetzung dafür, einen letzten rechtlichen Weg zu versuchen.
Am Montag stellte Hagen bei der tschechischen Polizei einen Antrag auf dauerhaften Aufenthalt für sich und ihre Kinder. „Das ist eine spezielle Art von Aufenthaltsgenehmigung mit nicht so strengen Bedingungen“, sagt ihre Anwältin Pavla Rozumková von der Flüchtlingsorganisation OPU. Es gebe nur einen Haken: Zum Zeitpunkt der Antragsstellung müsse man eigentlich vier Jahre in Tschechien weilen. Aber das Gesetz erlaube den Behörden hier Kulanz, so Rozumková. „Das Ministerium sollte zum Wohle der Kinder die Aufenthaltsgenehmigung erteilen.“
Hagen rechnet in frühestens zwei Monaten mit einer Entscheidung. Bis dahin hofft sie auf Duldung. Einen Plan B habe sie nicht, sagt sie.
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