Kein Ruhestand in Sicht
Am 23. Februar feiert der tschechische Regisseur und Schauspieler Jiří Menzel seinen 75. Geburtstag
21. 2. 2013 - Text: Klaudia HanischText: Klaudia Hanisch; Foto: Cinemagia
Im Jahr 2002, nach einer Drehpause von über acht Jahren, äußerte Jiří Menzel einem Journalisten gegenüber heftige Selbstkritik: „Ich bin feige. Früher war es so, dass mich jemand damit beauftragt hat, einen Film zu drehen. Ich bin ein Handwerker, ich wurde beauftragt und habe die Bestellung ausgeführt. Heutzutage muss man sich alleine um alles kümmern. Und ich kann das nicht.“
Damals schien der Höhepunkt seiner Karriere längst vorbei zu sein. Früh schaffte er den internationalen Durchbruch. Menzel ist 1938 als Sohn des Kinderbuchautors Josef Menzel in Prag geboren. „Als Jugendlicher dachte ich nicht, dass ich einmal Filme machen würde. Ich dachte mehr ans Theater“, verriet er vor Kurzem. Vier Jahre nachdem er die renommierte Filmschule FAMU abgeschlossen hatte, wurde er bereits für seine Komödie „Scharf beobachtete Züge – Liebe nach Fahrplan“ („Ostře sledované vlaky“/ČSSR 1966) mit einem Oscar ausgezeichnet. In den sechziger Jahren erlebte der tschechoslowakische Film auch dank der kurzzeitigen politischen und gesellschaftlichen Liberalisierung eine goldene Ära. Damals war Menzel Mitbegründer der neuen tschechoslowakischen Welle, die des Öfteren mit dem französischen Namensvetter verglichen wurde. Den herrschenden lustfeindlichen Realsozialismus forderten die jungen Filmemacher mit ungeahnter Sinnlichkeit und Verspieltheit heraus.
Wie kaum ein anderer widmete sich Menzel in seiner Laufbahn dem Schauspiel und der Regiearbeit gleichermaßen. Er spielte nicht nur in über 35 Produktionen mit, sondern drehte selbst 21 Filme. Auch dem von ihm so heiß geliebten Theater blieb er treu. Bis heute stehen seine Inszenierungen auf den Spielplänen bedeutender Prager Bühnen. Fast immer zeichnet seine Werke eine einzigartige Leichtfüßigkeit aus. Seien es prosaische Szenen aus dem dörflichen Leben oder historische Dramen – sie alle münden auf ähnliche Weise im Grotesken. Und genau dafür lieben ihn seine Fans im In- und Ausland. 1985 wurde sein Film „Heimat, süße Heimat“ („Vesničko má, středisková“) für den Oscar nominiert.
Groteske Kuriositäten
In der Periode unmittelbar nach dem Systemwechsel folgte eine längere Durststrecke – zumindest als Macher hinter der Kamera. Rund zehn Jahre musste Menzel mit den Dreharbeiten zu seinem Prestigeprojekt – der Verfilmung von Bohumil Hrabals „Ich habe den englischen König bedient“ („Obsluhoval jsem anglického krále“) – warten. Erst 2005 konnte er diese aufnehmen. Der Film feierte schließlich im November 2006 seine Premiere und wurde von Kritikern sowie dem Publikum gleichermaßen gefeiert. Die Krönung war schließlich die Auszeichnung mit dem Böhmischen Löwen, dem nationalen Filmpreis Tschechiens – Jiří Menzel war zurückgekehrt. Heute sieht es noch lange nicht danach aus, als ob sich Menzel in den wohlverdienten Ruhestand verabschieden würde. Im April dieses Jahres kommt sein neuestes Werk „Donšajni“ in die Kinos. In diesem treffen der spanische Don Juan und der italienische Don Giovanni aufeinander. Man mag gespannt sein, welch groteske Kuriositäten sich der Altmeister dieses Mal ausdachte.
„Markus von Liberec“
Geheimes oder Geheimnistuerei?