Keine einfachen Lösungen
Landesversammlung lädt zur Debatte über „Minderheiten und Medien heute“
6. 10. 2016 - Text: Stefan WelzelText und Foto: Stfan Welzel
Leser zu halten und neue zu gewinnen, ist selbst für große Zeitungen ein Problem. Noch schwieriger ist diese Aufgabe für Medien, die für und über Minderheiten berichten – also eine ohnehin schon sehr kleine Zielgruppe ansprechen. In Tschechien zählt dazu das „Landesecho“, das von der Landesversammlung der Deutschen in Böhmen, Mähren und Schlesien herausgegeben wird. Am Freitag diskutierten in Prag Journalisten, Politiker und Wissenschaftler über „Minderheiten und Medien heute“. Eingeladen hatte die Landesversammlung der deutschen Vereine in der Tschechischen Republik mehr als 150 Teilnehmer ins Außenministerium.
„Es gibt keine einfachen Lösungen“, sagte Urban Beckmann vom Institut für Auslandsbeziehungen (ifa) in Stuttgart, das die deutschen Minderheiten im Ausland fördert. Der Politikwissenschaftler antwortete dabei auf die selbst gestellte Frage, mit welchen Mitteln Minderheitenmedien welche Zielgruppen erreichen können. Er schälte damit einen der Kernpunkte der Tagung heraus: Nachrichten auf Deutsch im Ausland sind wichtig für die eigene Minderheit und die dortige Medienlandschaft, die Finanzierung ist aber ein ständiger Kampf ums Überleben.
Auch wenn die meisten Zeitungen und Radioprogramme deutscher Minderheiten vom jeweiligen Land finanziert oder unterstützt werden – in Tschechien gilt das für „Radio Prag“ ebenso wie fürs „Landesecho“, so müssen viele dennoch ihre Budgets drastisch kürzen. Dabei sei gerade eine Zeitung so etwas wie die „Visitenkarte“ einer Minderheit, meinte Björn Akstinat von der „Internationalen Medienhilfe“ (IMH). „In Zukunft muss sich eine Mischfinanzierung aus Werbung und staatlichen Subventionen etablieren, damit die weltweit rund 2.000 Auslandsperiodika in deutscher Sprache weiterhin existieren können.“ Das Problem: Oft stehen kommerzielle Einnahmen dem erfolgreichen Abschöpfen staatlicher Gelder im Weg.
Objektive Berichterstattung
Diskutiert wurde aber nicht nur über deutsche Minderheiten, sondern auch über die Wahrnehmung anderer Minderheiten in den tschechischen Medien. So sieht der Soziologe und Medienwissenschaftler Daniel Prokop die „wenig differenzierte Berichterstattung über Flüchtlinge“ als einen Grund dafür, dass viele seiner Landsleute derart negativ gegenüber Migranten eingestellt sind. Sogar offizielle Stellen bestätigen diesen Trend: Ein im Juni erschienener Bericht des Rundfunkrats stellte fest, dass ein privater Fernsehsender Migranten konsequent in ein schlechtes Licht rückte. „Flüchtlinge werden oft als eine unüberschaubare und bedrohliche Masse betrachtet und nicht als Individuen mit schwerem Los“, fügte Fatima Rahimi hinzu. Die 24-jährige Journalistin ist als Kind aus Afghanistan nach Tschechien gekommen und schreibt für ein Brünner Internetportal über Migration, Islam und Feminismus.
Marta Růžičková ist Redakteurin beim staatlichen Fernsehen und verantwortlich für die Sendung „Babylon“, die ausschließlich über Minderheiten und Einwanderer berichtet. Růžičková nannte klare journalistische Richtlinien als einzigen Weg im Kampf um eine objektivere Berichterstattung: „Journalisten müssen differenzierter und vor allem auch positiv berichten.“ „Constructive journalism“ nennt sich das Neudeutsch und ist hierzulande kaum verbreitet.
Eine ähnliche Richtung gab Hartmut Koschyk (CSU) vor. Der Bundesbeauftragte für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten sagte: „Zeitungen, Radio und Kultur sind Vermittler, Brückenbauer und Scharnier zwischen den Völkern.“ Mit Verweis auf die aktuelle Situation in Europa sprach er davon, dass „Minderheitenschutz die effektivste Konfliktprävention“ sei. Deutschsprachigen Auslandsmedien – darin war sich wohl der Großteil der Konferenzteilnehmer einig – fällt dabei eine zwar kleine, aber wichtige Rolle zu.
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