„Klare Botschaft“
Nach den Senatswahlen: Sozialdemokraten mit absoluter Mehrheit im Oberhaus
24. 10. 2012 - Text: Martin NejezchlebaText: mn; Foto: čtk
Die Sozialdemokraten haben bei den Senatswahlen ihre Mehrheit in der oberen Parlamentskammer ausgebaut. In der zweiten Wahlrunde am vergangenen Wochenende konnte die ČSSD 13 von 27 Sitzen gewinnen. Sie stellt nun 46 der insgesamt 81 Senatoren und verfügt damit über eine Verfassungsmehrheit. Entsprechend breit fiel das Grinsen der Parteiführung bei der Pressekonferenz zum Wahlergebnis aus, entsprechend angriffslustig gab sich ihr Vorsitzender: „Das ist innerhalb von zwei Wochen die zweite klare Botschaft der Wähler “, so Bohuslav Sobotka erhobenen Hauptes. „Sie wünschen sich das Ende der Regierung Nečas.“ Die historisch stärkste Fraktion in den Rängen des 1996 gegründeten Senats werde laut Sobotka, alles daran setzen, den Wunsch der Wähler zu erfüllen.
Die Politologen geben Sobotka recht. Die Senats-, genau wie zuvor die Kreiswahlen, sind vor allem als eines zu deuten: als rote Karte für die regierenden Bürgerdemokraten. Die Bürgerdemokraten von Premier Petr Nečas konnten sich in nur vier Wahlbezirken durchsetzen. In der oberen Kammer des Parlaments hat die größte Mitte-Rechts-Partei ganze zehn Mandate verloren. „Wir müssen die Entscheidung der Wähler mit Demut hinnehmen“, verkündete ein kleinlauter Regierungschef am Samstagabend und rief dazu auf, die Gründe für den Verlust zu analysieren. Eine Erklärung hatte er dann doch gleich parat. Ihre innere Zerrissenheit habe seiner Partei geschadet. Anders sehen das diejenigen, die momentan den Aufstand gegen Nečas und dessen Steuerreform proben. Die sechs ODS-Abgeordneten um Petr Tluchoř sehen sich in ihren Bemühungen bestätigt. Ein Abweichen vom ODS-Programm werde weder von ihnen noch von den Wählern toleriert. Nečas muss weiter bangen – um seine Regierung ebenso wie um seinen Parteivorsitz.
Ganz so rot, wie viele erwartet haben, fiel die Karte für die ODS dann aber doch nicht aus. Die KSČM konnte ihren Erfolg bei den Regionalwahlen nicht fortsetzen. Lediglich ein einziger kommunistischer Senator setzte sich bei den Stichwahlen am Wochenende durch. Die Schwarzenberg-Partei TOP 09 in Koalition mit der Bürgermeisterpartei (STAN) war – ebenso wie die KDU-ČSL – in zwei Kreisen erfolgreich.
Durchsetzen konnten sich auch zahlreiche Vertreter kleinerer Parteien und unabhängige Kandidaten. Unter ihnen der Unternehmer und neueste Anwärter auf das Amt des Präsidenten Tomio Okamura, die abberufene Verfassungsrichterin Eliška Wagnerová (parteilos, nominiert von den Grünen) und der parteilose Libor Michálek (kandidierte mit Unterstützung der Piraten, der Christdemokraten und der Grünen). Letzterer verbuchte landesweit den klarsten Sieg im direkten Duell mit seinem Kontrahenten: 74,4 Prozent der Wähler im Prager Wahlbezirk mit der Nummer Zwei sprachen sich für den ehemaligen Leiter des staatlichen Umweltfonds aus. Bände über die politische Stimmung im Land spricht auch die Wahlbeteiligung. Die erreichte mit 18,6 Prozent einen der niedrigsten Stände in der Geschichte der Tschechischen Republik.
„Wie 1938“
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