Kleiner Prinz vom fremden Stern

Kleiner Prinz vom fremden Stern

Die Laterna magika bringt eines der bekanntesten Kinderbücher der Welt auf die Bühne

20. 4. 2016 - Text: Corinna Anton, Fotos: Pavel Nesvadba

Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar. Die Botschaft, die Antoine de Saint-Exupéry vor mehr als 70 Jahren aufschrieb, mag fürs Leben gelten, nicht aber für die Laterna magika. Das Ensemble des Nationaltheaters ist bekannt für das, was es zu sehen gibt: Schwarzlicht, Tanz, Bewegung und seit einigen Jahren auch Multimedia­projektionen. Nun bringt es „Der kleine Prinz“ nach Saint-Exupérys Vorlage auf die Bühne – eine Geschichte über das Unsichtbare und eines der bekanntesten Kinderbücher der Welt.

Im Original kommt die Erzählung mit wenigen schlichten Zeichnungen aus. Für die Prager Inszenierung haben Regisseur Vladimír Morávek und Bühnenbildner Daniel Dvořák sie in ein buntes Fantasiereich versetzt. „Sen. Sen. Sen“, flüstern die Tänzer und Schauspieler zu Beginn – „Traum. Traum. Traum.“ Wie im Buch begegnet auch auf der Bühne ein abgestürzter Pilot in der Wüste dem kleinen Prinzen, einem zarten Geschöpf von einem anderen Stern. Allerdings sind meistens zwei, manchmal sogar drei Prinzen zu sehen. Einer trägt die gleiche Kleidung wie der Pilot und stellt offensichtlich das Kind dar, das dieser einmal war. Der zweite spricht Französisch, der dritte tritt kaum in Erscheinung. Das heißt wohl: Wir alle sind kleine Prinzen, egal wie alt wir sind und welche Sprache wir sprechen. Denn entscheidend ist ja, wie Saint-Exupéry schreibt, allein das Herz.

Daneben gibt es jede Menge anderer Wesen, die sich auf der Bühne bewegen. Die Blume, um die der kleine Prinz im Buch so besorgt ist, wird von einer Frau verkörpert, die böse Schlange von einem Mann. Fehl am Platz wirken die leicht bekleideten Tänzer, deren Funktion schleierhaft bleibt – abgesehen davon, dass sie immer wieder hysterisch schreien, wenn Gefahr für die Protagonisten droht.

Erwachsene sind seltsam, stellen die Kinder fest.

Im Hintergrund werden derweil pausenlos bewegte Bilder an die Wand projiziert. Der schlaue Fuchs zum Beispiel, der als Figur erst spät auftritt, schleicht immer mal wieder über die Bildschirme, aber auch andere Gestalten, die der Zuschauer nicht unbedingt mit dem Geschehen in Verbindung bringt. Brennende Pferde etwa, von denen man nicht so genau weiß, was sie zu bedeuten haben.

Aber das muss man vielleicht auch gar nicht. „Der kleine Prinz“ ist laut Laterna magika ein Stück für Familien mit Kindern ab acht Jahren. Es könnte zwar sein, dass so junge Zuschauer in manchen Szenen etwas Angst bekommen. Aber es ist auf jeden Fall ratsam, die Vorführung mit den Augen eines Heranwachsenden zu sehen. Ohne das Kind an seiner Seite hätte er die Tage in der Wüste nicht überlebt, sagt der Pilot am Ende des Stücks. Ähnliches gilt für das Publikum: Ohne zumindest ein bisschen Kind zu sein, kann man wohl auch die Inszenierung nicht überstehen.

Malý princ. Nová scéna (Národní 4, Prag 1), weitere Aufführungen: 4.–7. Mai, 30. Juni, 1. und 2. Juli, deutsche und englische Übertitel; www.narodni-divadlo.cz

Magische Laterne

Die Geschichte der Laterna magika beginnt im Jahr 1958, als der Regisseur Alfréd Radok mit dem Bühnenbildner Josef Svoboda eine Vorführung für den tschechoslowakischen Pavillon auf der Weltausstellung in Brüssel entwirft. Dessen Namen – Laterna magika – übernimmt später ein Prager Theater, in dem das Programm aufgeführt wird. Nach Gastspielen im kanadischen Montreal und im japanischen Osaka wird das Ensemble Mitte der achtziger Jahre Teil des Prager Nationaltheaters. Weil die Laterna magika auf eine Kombination aus Film, Tanz, Musik, (Schwarz-)licht und Pantomime setzt, sind die Vorführungen auch bei Touristen beliebt, die kein Tschechisch verstehen.

Das bis heute am häufigsten gespielte Programm ist der „Zauberzirkus“ („Kouzelný cirkus“), der bereits 1977 Premiere feierte. Ebenfalls nah an das klassische Konzept der Laterna magika angelehnt ist die Inszenierung „Legenden des magischen Prag“ („Legendy magické Prahy“), die seit der Saison 2010/2011 auf dem Programm steht. An die jüngsten Zuschauer richtet sich seit 2013 „Soweit ich sehen kann“ („Vidím nevidím“) – das bisher einzige Stück der Laterna magika, das auch in Gebärdensprache übersetzt wurde. Bei „Human Locomotion“ steht die Bewegung im Vordergrund, eher textlastig ist dagegen „Die außergewöhnlichen Reisen des Jules Verne“ („Podivuhodné cesty Julese Verna“), das sich als Inszenierung für die ganze Familie versteht.