Kohlemissionen vor der Wahl
Während Greenpeace die Kohlepolitik kritisiert, wirbt Präsident Zeman für eine Ausweitung der Förderquote
31. 10. 2013 - Text: Nancy WaldmannText: nw/čtk; Foto: Greenpeace
In der heißen Wahlkampfphase ging es um die Kohle. Am vorvergangenen Dienstag setzte zunächst Greenpeace das Thema auf die mediale Agenda. „Enteignen und niederreißen?“ prangte auf einem riesigen Banner, angebracht am Prager Nationaltheater. Die Umweltorganisation münzte die Frage, die über den vom Abriss bedrohten Dörfern in tschechischen Kohleregionen wie ein Damoklesschwert hängt, auf die zentrale Kulturinstitution des Landes um.
Ein zweites Banner warnte die Wähler vor den Kohlebefürwortern, indem sie die Konterfeie namhafter Kandidaten für das Abgeordnetenhaus zeigte, die für eine Aufhebung der Fördergrenzen plädieren: KSČM-Chef Vojtěch Filip, Noch-Innenminister Martin Pecina (SPOZ), Jana Bobošíková (Hlavu vzhůru), Milan Urban sowie Michal Hašek (beide ČSSD). „Wir sind hier, um den Leuten zu sagen: Wählt keine Kohle!“, sagte Jan Rovenský von Greenpeace. Es solle bei dem bleiben, was die Regierung Anfang der neunziger Jahre versprochen habe: dass wegen der Kohle keine Denkmäler mehr gesprengt und keine Gemeinden mehr umgesiedelt werden.
Nun, eine Woche nach dieser Warnung am Nationaltheater, ist es ausgerechnet Hašek, der als neuer ČSSD-Parteichef gehandelt wird. Eine einheitliche Meinung zur Frage der Kohleförderung haben die Sozialdemokraten laut Greenpeace jedoch nicht.
Bedroht wären beispielsweise die nordböhmischen Dörfer Horní Jiřetín und Černice, wo 2.000 Bewohner ihre Häuser verlören. Dorthin begab sich nur einen Tag vor der Wahl Miloš Zeman auf Kohlemission. Er kam, um die Qualität der Braunkohle zu loben, die unter Horní Jiřetín verborgen liegt, und unterhielt sich mit den Besitzern der Bergbau-Gesellschaften, den Gewerkschaftsvertretern und der von den Kommunisten geführten Kreisregierung – alle pro Kohle – über deren Ausbeutung.
Anschließend warb Zeman dafür auf einer Pressekonferenz. „Ohne die Aufhebung der Förderlimits gehen hier 8.500 Arbeitsplätze verloren“, behauptete der Präsident. Die Kohle würde Tschechien weniger abhängig von Energieimporten aus dem Ausland machen. Zudem, argumentierte er, sei das Bergbaugesetz geändert worden, das willkürliche Enteignungen in Kohleregionen verbietet und die Unternehmen verpflichtet, den betroffenen Bewohnern Ausgleich anzubieten. Die Kohlewirtschaft, so soll man wohl schließen, ist damit menschenfreundlich geworden.
Der Bürgermeister von Horní Jiřetín Vladimír Buřt (Grüne) widersprach dem Präsidenten. Die beiden heute operierenden Kohlegesellschaften beschäftigen insgesamt nur noch 3.000 Angestellte. „Miloš Zeman ist schon seit den neunziger Jahren mit dem Bergbau in der Region verbunden. Seine Regierung stand der kriminellen Privatisierung der Kohlegrube in Most bei“, sagte Buřt. Jan Pinos von der Umweltorganisation Hnutí DUHA brachte Zemans Kohlemission in Zusammenhang mit einer Entscheidung der von seiner Partei SPOZ dominierten Regierung gegen das Energiesparprogramm „Zelená úsporám“ am Tag zuvor. Das Programm unterstützte Privathaushalte dabei, von Energieträgern wie Gas und Kohle wegzukommen. „Es ist klar, wem Zemans Truppe den Vorzug gibt”, so Pinos. Die Aufhebung der Förderlimits fordern vor allem die Bergbaugesellschaften. Die Lebenszeit der Grube in Most würde sich um 150 Jahre verlängern. Bleibt es bei den jetzigen Grenzen, werden die Gruben 2022 stillgelegt.
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