Kommentar: Angst vorm Anderen
Kopftuchdebatte offenbart Intoleranz gegenüber Andersgläubigen
10. 9. 2014 - Text: Marcus HundtText: Marcus Hundt; Foto: ozgurmulazimoglu
Schätzungen zufolge sollen in Tschechien etwa 10.000 Muslime leben. An der Gesamtbevölkerung gemessen befindet sich unter 1.000 Einwohnern also nur ein einziger, der sich dem Islam zugehörig fühlt. Die aktuelle Debatte darüber, ob muslimische Mädchen auch im Schulunterricht ein Kopftuch tragen dürfen, zeigt auf, dass Tschechien von einer modernen pluralen Gesellschaft weit entfernt ist.
Wenn selbst führende Politiker versuchen, auf unterstem Niveau das Grundrecht eines Menschen, nämlich die freie Ausübung seiner Religion, außer Kraft zu setzen, kann man davon ausgehen, dass auch in der Mehrheitsgesellschaft gewaltige Ressentiments und Ängste gegenüber der muslimischen Minderheit herrschen. Eine Debatte über den Umgang mit Andersgläubigen tut diesem Land gut – und sie wurde höchste Zeit.
Politiker, die das vorhandene Bild bestärken und sich unberechtigte Ängste zunutze machen, gehören nicht in ein Parlament, das sich demokratischen Werten verpflichtet fühlt. Bei der Kopftuchdebatte geht es nur vordergründig um Muslime oder religiöse Minderheiten. Sie zeigt vielmehr die mangelnde Toleranz der Gesellschaft gegenüber Andersartigen auf: Die fortwährende Diskriminierung der zahlenmäßig weitaus größeren Roma-Minderheit ist ein anderes Beispiel dieses Grundproblems.
„Wie 1938“
„Unterdurchschnittlich regiert“