Kommentar: Gerechtigkeit sieht anders aus
Diebstahl und Steuerhinterziehung mit zweierlei Maß
18. 6. 2015 - Text: Klaus HanischText: Klaus Hanisch; Foto: Lupo/pixelio.de
Ja, er hat Unrecht begangen. Der Tscheche ist eingebrochen und hat gestohlen. Dafür wurde der 62-Jährige nun von einem deutschen Gericht bestraft und muss für drei Jahre und drei Monate ins Gefängnis. Zu dreieinhalb Jahren Haft wurde auch Ulrich Hoeneß verurteilt. Er hatte den Staat und damit die Gesellschaft um mehr als 28 Millionen Euro hinterzogener Steuern betrogen. Weniger als 8.000 Euro betrug der Schaden, den der Tscheche verursacht hat. Er war seit 2006 obdachlos und lebte im Wald, zuletzt im bayerischen Fichtelgebirge. Der heute 63-jährige Hoeneß wohnte in einer prachtvollen Villa oberhalb des Tegernsees, bevor er sich nach einem fehlgeschlagenen Steuerabkommen Deutschlands mit der Schweiz ein zu spätes Geständnis abrang.
Den Präsidenten des FC Bayern München, der gerne als Moralist und edler Spender auftrat, trieb zügellose Gier. Der Tscheche ließ alle Wertgegenstände liegen und nahm aus Jagdhütten und Wochenendhäusern nur mit, was er für ein Leben als Einsiedler brauchte. Er wurde in Fußfesseln vorgeführt, Hoeneß kam im dunklen Anzug und in Begleitung hochbezahlter Anwälte.
Ja, der Tscheche, schon lange arbeitslos und ohne Berufsausbildung, hatte sein Überleben zuvor bereits mit kleinen Einbrüchen in Tschechien und Österreich zu sichern versucht. Und ja, Hoeneß war nicht vorbestraft. Trotzdem wich die Münchner Strafkammer nach nur vier Verhandlungstagen bei ihrem Urteil von Grundsätzen des Bundesgerichtshofes zur Strafe bei Steuerhinterziehung deutlich ab. Demnach hätte sie Hoeneß für mehr als neun Jahre hinter Gitter schicken müssen. Und das obwohl die deutsche Justiz doch angeblich keinen „Promi-Bonus“ kennt. Zuschauer nahmen den Urteilsspruch im Hofer Gerichtssaal gegen den Tschechen mit Murren und Kopfschütteln auf. Der Staatsanwalt forderte für ihn dagegen sogar vier Jahre Haft. Das verstehe, wer kann.
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