Kommentar: Große Kopfschmerzen
Das Problem Armenghetto wartet noch immer auf seine Lösung
11. 2. 2015 - Text: Stefan WelzelText: Stefan Welzel; Foto: APZ
Die Tschechische Republik schaut auf mehr als 20 recht erfolgreiche Jahre ihres Bestehens zurück. Nach rund fünf Dekaden in fast totaler Isolation hat man sich schnell in die demokratische Familie Europas integrieren können. Der wirtschaftliche Wandel hin zum Kapitalismus wurde nicht reibungslos, aber mit achtbarem Erfolg für den tschechischen Durchschnittsbürger vollzogen. Gewaltenteilung und demokratische Instrumente funktionieren, zumindest im Vergleich zu vielen anderen ehemaligen Ostblock-Ländern, einigermaßen gut, auch wenn die Transparenz oftmals etwas leidet. Und die soziale Situation großer Teile der Bevölkerung ist weitestgehend stabil, weder gibt es überbordende Armut noch hohe Arbeitslosigkeits- oder Kriminalitätsraten.
Alles in Ordnung also? Nicht ganz. Ein kleiner gesellschaftlicher Bereich der jungen Republik verursacht immer noch große Kopfschmerzen.
Rund 400 Armenviertel, die man getrost und leider als Roma-Ghettos bezeichnen kann, existieren zwischen Pilsen und Ostrava. In ihnen wohnen immer mehr Staatsbürger in oftmals menschenunwürdigen Verhältnissen. Man darf an dieser Stelle nicht, wie es viel zu viele Tschechen tun, von dem vermeintlichen oder in manchen Fällen vielleicht auch realen Integrations-Unwillen einer Minderheit sprechen.
Man muss vor allem die sozialen und politischen Rahmenbedingungen beachten, die zu diesen Zuständen führen. Weder das Schulsystem noch die Kontrollinstanzen in Fragen der skandalösen Wohnungsvermittlung an Roma noch der Common Sense der Mehrheitsgesellschaft lassen eine ernsthafte Integration der ethnischen Minderheit zu. Menschenrechtsminister Dienstbier hat viel Arbeit vor sich, um das Land endlich auch in dieser Frage entscheidend voranzubringen.
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