Kommentar: Klaus und sein Popanz

Kommentar: Klaus und sein Popanz

Die EU auf dem Weg in den Kommunismus?

11. 9. 2013 - Text: Josef FüllenbachText: Josef Füllenbach; Foto: čtk

Anfang September veröffentlichten Daniel Cohn-Bendit, bekannter EU-Parlamentarier der Grünen, und Felix Marquardt, Mitbegründer der Bewegung „Europeans Now“, weltweit in 20 Zeitungen ein Manifest, mit dem sie für Europa einen „Big Bang“ zur beschleunigten politischen Integration und zur Überwindung der „veralteten politischen Struktur“ des Nationalstaats fordern.

Dieses insgesamt etwas wirre und in seiner Argumentation unausgereifte Pamphlet, in der „Lidové noviny“ unter dem Titel „Junge Europäer … vereinigt Euch!“ abgedruckt, nahm nun Václav Klaus zum Anlass, mal wieder mit dem dicken Knüppel auf die EU einzuschlagen, indem er eine Art Gegen-Manifest „Demokraten in Europa, wachen wir auf“ aufsetzte. Cohn-Bendit paraphrasiere bewusst das Kommunistische Manifest und ziele in dieselbe Richtung, nämlich die Schrecken der kommunistischen Herrschaft im Rahmen der EU wiederzubeleben, einen „Kessel von Nationen im Stil der Sowjetunion zu errichten“, ja „den Weg in die Sklaverei“ zu weisen – und das sei genau das, was „die Eliten der EU schon lange in weniger radikale Worte hüllen“.

Das ist allerdings starker Tobak. Hier baut Klaus einen Popanz auf, der keinerlei Bezug mehr zum Text von Cohn-Bendit hat. Und den „Eliten der EU“ eine Neigung zum Sowjetsystem zu unterstellen, ist schon aberwitzig. Gibt es keine wichtigeren Themen, an denen sich Klaus abarbeiten könnte? Die tatsächlichen Verbindungen tschechischer Eliten nach Osten? Der drohende gesellschaftliche Unfrieden angesichts wachsender sozialer Klüfte hierzulande? Aber er tadelt lieber vielsagend, Cohn-Bendit habe 1968 auf den Pariser Barrikaden gekämpft. Ist das ehrenrührig? Nun ja, Klaus genießt heute die Freiheit, über die EU, das Klima und anderes seltsame Thesen zu verbreiten – eine Freiheit, für die freilich 1968 und später andere auf den Barrikaden gekämpft haben.