Kommentar: Schwierige Mission
Die neue Regierung sollte aus den Fehlern ihrer Vorgänger lernen
5. 2. 2014 - Text: Marcus HundtText: Marcus Hundt; Foto: čtk
Die tschechische Wirtschaft befindet sich seit über zwei Jahren in einer Rezession, und damit in der längsten in der Geschichte des Landes. Die Zahl der Arbeitslosen hat sich in den vergangenen fünf Jahren von etwa 320.000 auf 600.000 fast verdoppelt. Die Reallöhne sinken stetig; die Inflation frisst Lohnerhöhungen auf. Die Politik – namentlich die im Sommer 2013 zurückgetretene Mitte-Rechts-Regierung von Premier Petr Nečas – hat es versäumt, die Wirtschaft zu sanieren und den Bürgern ein Gefühl von Zuversicht zu verleihen.
Stattdessen führte sie die heimische Wirtschaft mit drastischen Sparmaßnahmen und dem alles unterzuordnenden Ziel, die Neuverschuldung auf unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu drücken, in eine Sackgasse – und verstärkte den Unmut und die Politikverdrossenheit der Tschechen. Zu guter Letzt intervenierte die Nationalbank im November sogar gegen die eigene Währung – der künstlich hervorgerufene Wertverlust der Krone soll den Export ankurbeln. Die Folgen bekommen bisher allerdings vor allem die Verbraucher zu spüren. Importwaren, aber auch Lebensmittel haben sich verteuert. Auch wenn die Sozialdemokraten den Schritt der Nationalbank damals als „nicht wachstumsfördernd“ kritisierten, müssen sie als Regierungspartei mit dem Status quo zurechtkommen.
Dabei muss die Koalition nicht nur Wege finden, die Wirtschaft zu stärken, es sollte ihr auch gelingen, das Vertrauen der Wähler nicht zu enttäuschen. Ein erster, wenn auch kleiner Schritt dieser schwierigen Mission ist gelungen. Finanzminister Babiš kündigte an, die Gehälter von Polizisten, Feuerwehrleuten und Lehrern um zwei Prozent anzuheben. Die Regierung Nečas hatte im Rahmen ihres Sparprogramms die Gehälter im öffentlichen Dienst gekürzt. Dieser Fehler soll nun zu Recht korrigiert werden. Schließlich stehen Bruttomonatsgehälter von rund 24.500 Kronen in klarem Widerspruch zur gesellschaftlichen Relevanz dieser Berufe.
Die Lohnanhebung hat auch Symbolcharakter: Den kritischen Worten der einstigen Opposition folgen nun Taten. Es bleibt zu hoffen, dass diese Entscheidung auch von der Mehrheit der Bevölkerung, die nicht im öffentlichen Dienst tätig ist, so aufgefasst wird.
„Wie 1938“
„Unterdurchschnittlich regiert“