Krnáčová vor dem Aus
Prager Oberbürgermeisterin verliert Rückhalt ihrer Partei
26. 8. 2015 - Text: Stefan WelzelText: sw/čtk; Foto: MHMP
Die Luft für Adriana Krnáčová (ANO) wird dünner. Am Montagabend hat die Prager Oberbürgermeisterin ihre bislang herbste politische Niederlage hinnehmen müssen. Der 54-Jährigen wurde in einer Abstimmung des Prager Ortsverbands von ANO das Vertrauen entzogen. Das bestätigte am Dienstagvormittag der Parteivorsitzende Andrej Babiš.
Gründe für die schlechte Stimmung innerhalb der Prager ANO sollen Kommunikationsprobleme zwischen der Oberbürgermeisterin und mehreren Parteikollegen sein. In einer ersten Stellungnahme am Dienstag gestand Krnáčová ein, „dass Kommunikation nicht zu meinen Stärken gehört“. Die Oberbürgermeisterin gab sich einsichtig und wolle an dieser Schwäche arbeiten. Einen Rücktritt schloss Krnáčová aber aus. „Es wäre schade, das bisher durch harte Arbeit Erreichte einfach so wegzuwerfen“, erklärte das Stadtoberhaupt.
Im Umfeld des Seniorpartners der Prager Stadtregierung aus ANO, Sozialdemokraten und einem Dreierbündnis aus Grünen, Christdemokraten und Unabhängigen (Trojkoalice) rumort es schon seit längerer Zeit. Krnáčová wurden von verschiedenen Seiten immer wieder derbe Umgangsformen und politische Alleingänge unterstellt. Zuletzt sorgte ein Streit mit Matěj Stropnický von den Grünen für Schlagzeilen. Krnáčová entzog dem Stadtrat die Kompetenz für die Überarbeitung der Bauvorschriften. Die Koalition, die lediglich über 33 von 65 Sitzen im Stadtparlament verfügt, ist seither labil – die Opposition erwägt eine Vertrauensabstimmung.
Das Onlineportal „Echo24“ berichtete zuletzt über eine mögliche Abberufung der Oberbürgermeisterin durch deren Stellvertreterin Eva Kislingerová. Der große Koalitionspartner ČSSD reagierte irritiert über die jüngsten Vorgänge. Prags sozialdemokratischer Parteivorsitzender Miloslav Ludvík bemerkte, „die Stadt kann kaum eine Oberbürgermeisterin haben, der die Unterstützung aus den eigenen Reihen fehlt“.
Ob Krnáčová tatsächlich den Hut nehmen muss, entscheidet sich in den nächsten Tagen. Am Dienstagabend (nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe) mussten die ANO-Stadträte und Krnáčová ihre Standpunkte vor dem Landespräsidium von ANO darlegen und laut Babiš erklären, wie die Lage im Ortsverband sowie innerhalb der Prager Regierungskoalition beruhigt werden könne.
„Wie 1938“
„Unterdurchschnittlich regiert“