Kronen für Ideen
Über das Crowdfunding-Portal Hithit finanzieren Künstler und Vereine außergewöhnliche Projekte
24. 6. 2015 - Text: Corinna AntonText: Corinna Anton; Foto: Espen Sundve
Der IT-Spezialist Petr Polák will aus einer alten Zeche in Ostrava ein Künstlercafé machen. Fünf Studentinnen vom Prager Stadtrand wollen zur Aerobic-Weltmeisterschaft in die Karibik fliegen. Und der Journalist Tomáš Poláček will ein Buch darüber schreiben, wie er um den Erdkreis trampt. Gemeinsam haben diese Menschen nicht nur eine außergewöhnliche Idee, sondern auch ein Problem: Wie finanziert man seinen Traum? Polák, Poláček und die Turnerinnen haben sich für Crowdfunding entschieden. Sie verzichten auf Banken und Kredite, stattdessen sammeln sie kleine Beträge von Unterstützern und künftigen Kunden – eine Form der Geldbeschaffung, die seit ein paar Jahren vor allem Künstler und Kulturschaffende in Tschechien nutzen.
Crowdfunding funktioniert meist mithilfe einer Internetseite, auf der Kreative ihre Projekte präsentieren und Fans ihre Beiträge überweisen können. Die größte und bekannteste dieser Seiten ist hierzulande Hithit. Sie wurde im Herbst 2012 als tschechischer Ableger des amerikanischen Portals Kickstarter gegründet. „Wir waren nicht die Ersten, aber mittlerweile sind wir die Größten in Tschechien und der Slowakei“, sagt Jana Ecksteinová aus dem sechsköpfigen Hithit-Team. In fast drei Jahren haben bisher mehr als 700 Menschen oder Gruppen Geld über die Seite gesammelt. Davon waren 43 Prozent erfolgreich, das heißt, die Spenden haben den vorher als Ziel festgelegten Betrag erreicht und die Initiatoren die Summe erhalten. In den anderen Fällen bekamen die Unterstützer die Beträge zurück. Die Erfolgsquote sei ähnlich wie beim amerikanischen Vorbild Kickstarter, meint Ecksteinová. „Insgesamt wurden für alle erfolgreichen Projekte mehr als 30,5 Millionen Kronen gesammelt.“ Das macht umgerechnet gut eine Million Euro.
Das Ergebnis zeige, dass Crowdfunding in Tschechien nicht mehr am Anfang stehe, so die Hithit-Mitarbeiterin und Galeristin. „Die Leute haben Interesse daran und kommen langsam auf den Geschmack der Gemeinschaftsfinanzierung.“ Am meisten Spender motivierten bislang laut Ecksteinová die Initiatoren, die großen Wert auf die Kommunikation mit ihren Fans legten. Viele davon sind Bands oder Autoren, die Geld für neue Alben oder Bücher sammeln oder Vereine und Gruppen, die Kulturzentren aufbauen. Die größte Summe erzielten bisher mit fast 2,5 Millionen Kronen (rund 92.000 Euro) die Macher von „Jatka 78“, die im Prager Stadtteil Holešovice ein Kulturzentrum errichteten. Gut 1.600 Menschen überwiesen einen Beitrag dafür. Mehr als doppelt so viele beteiligten sich im vergangenen Jahr an der Finanzierung des Musikfestivals „United Islands of Prague“, für das insgesamt gut 1,7 Millionen Kronen auf Hithit eingingen.
Das Portal selbst finanziert sich über Provisionen, die es für erfolgreiche Spendenaktionen bekommt. Das Geschäft läuft gut. Im Herbst vergangenen Jahres wurde eine slowakische Filiale eröffnet, derzeit wird über eine Expansion nach Polen verhandelt. Dass das Team eine Initiative ablehne, komme selten vor, sagt Ecksteinová. „Aber wir haben natürlich einen gewissen Anspruch. Wir wollen, dass es eine Fotodokumentation gibt, verständliche Texte, eine realistische Zielsumme und gute Belohnungen.“ Letztere bekommen die Geldgeber. Je nach Höhe des Beitrags kann das zum Beispiel eine Postkarte oder eine CD sein, ein T-Shirt oder eine Einladung zum Abendessen. Wer 222 Kronen für Petr Poláks Künstlercafé überweist, bekommt eine Grubenführung für zwei Personen einschließlich Kaffeegetränk nach Wahl. Die Aerobic-Tänzerinnen treten für 10.000 Kronen bei einer Veranstaltung ihrer Fans auf und laden zum Tag der offenen Tür. Und der reisende Journalist Tomáš Poláček kommt für 2.500 Kronen mit zwei Exemplaren seines Buches auf ein Bier vorbei.
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