Lautes Gedenken
Mit dem Festival „Meeting Brno“ erinnert die Stadt an die Opfer von Krieg und Vertreibung
18. 5. 2016 - Text: Franziska NeudertText: fn/čtk; Foto: C. Anton
Heimat und Identität, vergeben und vergessen – mit diesen Themen können sich Besucher beim Festival „Meeting Brno“ auseinandersetzen. Bereits 2015 erinnerte Brünn unter dem Motto „Jahr der Versöhnung“ („Rok smíření“) mit zahlreichen Veranstaltungen an Juden, Roma und Deutsche, die infolge des Zweiten Weltkriegs ums Leben kamen oder ihre Heimat verloren. Das will die Stadt in diesem Jahr wiederholen. Von 20. Mai bis 2. Juni beschäftigen sich Ausstellungen, Diskussionen, Konzerte, Filmvorführungen und Lesungen mit dem Holocaust und der Vertreibung. Ziel der Veranstalter ist es, diese Kapitel der Stadtgeschichte aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten und neue Wege für den Umgang mit der Vergangenheit zu finden. So könne man versuchen, das Geschehene zu verstehen und zu bewerten und „mit vereinten Kräften die Zukunft gestalten“, sagt die Schriftstellerin Kateřina Tučková, die für das Programm von „Meeting Brno“ verantwortlich ist. „Das Festival soll zu einer regelmäßigen Veranstaltung werden, die an die Brünner und die tschechische Geschichte erinnert.“
Den Auftakt bildet die Eröffnung der Ausstellung „Verbindungen der getrennten Vergangenheit“ am Freitag, 20. Mai. Sie zeigt die verflochtenen Lebenswege von Zeitzeugen aus Böhmen und Mähren, der Slowakei, Österreich und Deutschland in den Jahren 1937 bis 1948. Später am Abend werden mit „Poetisches Brünn“ tschechische, jüdische und deutsche Dichter aus Brünn vorgestellt.
In den folgenden Tagen können Besucher an einer Stadtführung teilnehmen (21. Mai), sich bei einem offenen Frühstück austauschen (22. Mai) oder mit dem Bundesvorsitzenden der Sudetendeutschen Landsmannschaft Bernd Posselt und Grünen-Mitgründer Milan Horáček über das Thema „Wo ist meine Heimat“ diskutieren (24. Mai). Eine Lichtinstallation in der Kirche Sankt Jakob soll an Mitgefühl und Hilfsbereitschaft appellieren. Die Ausstellung „Jako doma: Meine Welt ohne Heimat“ zeigt Fotos von Frauen, die ihre eigene Obdachlosigkeit dokumentiert haben. Das Berliner Maxim Gorki Theater bringt „Die Ungehaltenen“ auf die Bühne – ein Stück, das sich um den Sohn türkischer Gastarbeiter dreht (29. Mai).
Höhepunkt ist die „Wallfahrt der Versöhnung“ am 28. Mai, die an den „Brünner Todesmarsch“ und die Vertreibung der deutschsprachigen Bevölkerung im Mai 1945 erinnern soll. Bereits im vergangenen Jahr gingen etwa 300 Menschen zu Fuß vom Massengrab in Pohořelice nach Brünn.
„Markus von Liberec“
Geheimes oder Geheimnistuerei?